DER 4D-MANN
USA 1959 / O: "4D-Man" / AT: "Master of Terror"; "The Evil Force" / Prod.: Fairview Productions; Jack H. Harris Productions
Regie + Co-Prod.: Irvin S. Yeaworth Jr. / Musik: Ralph Carmichael / Kamera: Theodore J. Pahle / Schnitt: William B. Murphy / Prod. + Story: Jack H. Harris / Buch: Theodore Simonson, Cy Chermak / Spezialeffekte: Bart Sloane
Darsteller: Robert Lansing (Dr. Scott Nelson), Lee Meriwether (Linda Davis), James Congdon (Dr. Tony Nelson), Robert Strauss (Roy Parker), Edgar Stehli (Dr. Carson), Patty Duke (Marjorie Sutherland), Guy Raymond (Fred), Chic James (B-Girl), Elbert Smith (Capt. Rogers), George Karas (Sgt. Todaman), Jasper Deeter (Mr. Welles), ungenannt: Jack H. Harris (Mann im Nachtclub)
„Ertragen wir den Vorstoß in die unbekannte 4. Dimension?“ (Auszug aus dem dt. Kinotrailer)
Seit James Cameron’s Wald- und Wiesenepos AVATAR ist das 3D-Kino in aller Munde und mittlerweile vergeht kaum noch ein Monat, ohne das ein Titel dreidimensional über die Kinoleinwände huscht. 1959 war man aber schon einen Schritt weiter, denn da bewegte man sich schon in der vierten Dimension – zumindest was den 4D-Mann anbelangt, dem es gelang, leblose und lebende Objekte zu durchschreiten. Produzent Jack H. Harris definierte das Geheimnis der vierten Dimension folgendermaßen: „Ich verstand die Bedeutung der ersten, zweiten, dritten – Breite, Länge, Höhe – und die vierte Dimension ist „hindurch!“ Die Moleküle deines Körpers verdichten sich und werden ab einem bestimmten Grad so klein, dass sie nicht mal von den Molekülen eines Objektes, welches man durchschreiten möchte, aufgehalten werden können. Das funktioniert, wenn man herausfindet, wie das geht, ohne ein Loch in die Wand oder in dich selbst zu machen.“ Erhellende Erkenntnisse, die man als Interview im Bonusmaterial auf der DVD aus dem Hause Subkultur Entertainment wieder finden kann, womit denn auch deren liebevoll aufbereitete Drive-In Classics nach GESANDTER DES GRAUENS fortgesetzt werden. Und darum gehts:
Der junge Atomphysiker Tony Nelson (James Congdon) arbeitet an einer Vorrichtung, mit der es ihm gelingen will, die einen Gegenstände durch die anderen zu durchdringen. Dummerweise fackelt er bei seinen Experimenten sein Labor ab und er muss sich einen neuen Arbeitgeber suchen. Den findet er durch seinen Bruder Scott (Robert Lansing), der bei einer renommierten Firma arbeitet und für’s Militär in ähnlichen Gefilden forscht. Allerdings weitaus weniger erfolgreich als Tony, dem es gelingt, einen Bleistift in eine Stahlplatte zu stecken. Dafür wird ein Keil zwischen die beiden Brüder getrieben: Tony entdeckt seine Gefühle für Scotts Freundin Linda (Lee Meriwether) und umgekehrt, während Scott die Experimente seines Bruders weiterführt und sich in Depressionen und fatalen Selbstversuchen flüchtet. Bald ist er besessen davon, feste Materie zu durchdringen – mit anderen Worten: er will unbedingt mit dem Kopf durch die Wand. Was ihm schließlich gelingt. Dumm nur, dass er in Folge dessen ziemlich alt aussieht und aus diesem Grund die Lebensenergie von anderen Menschen benötigt, um den eigenen Alterungsprozess zu stoppen…
Die liebevolle Aufmachung durch Subkultur Entertainment zeigt, dass auch die eher durchschnittlichen Genre-Produktionen ihre Daseinsberechtigung haben. Auf alle Fälle gibt es eine gelungene DVD-Veröffentlichung für den 4D-MANN, der zuletzt 2004 im Spartenprogramm bei premiere lief. Hierbei handelt es sich im übrigen um die zweite Zusammenarbeit zwischen dem Produzenten und Verleiher Jack H. Harris und Regisseur Irvin S. Yeaworth, Jr., die uns ein Jahr vorher den Puddingklassiker BLOB – SCHRECKEN OHNE NAMEN geschenkt haben. 1960 entstand innerhalb dieser Konspiration noch der MÖRDERSAURIER, der im August als vierter Beitrag der Drive-In-Classics angestapft kommt. Das Besondere dieser drei Filme war, dass sie in Farbe gedreht wurden, was für die damalige Zeit, wo gerade der Übergang vom schwarz/weiß- zum Farbfilm bevor stand, schon ein Novum war. Wie besonders damals der Farbfilm war, bewiesen DER SATAN MIT DEN 1000 MASKEN und GIGANT DES GRAUENS (1958), die ihn als Knalleffekt im feurigen Finale einsetzten – dort erstrahlte der Schwarz/weiß-Film, sozusagen als Höhepunkt, plötzlich in satten, knallbunten Farben. Diese dominieren während der gesamten Laufzeit auch beim 4D-MANN, was insbesondere in den Effektszenen zugute kommt, die in schwarz/weiß ihre Wirkung verloren hätten.
Tatsächlich können sich die Spezialeffekte, was die damalige Zeit betrifft, durchaus sehen lassen – egal ob man nun durch feste Gegenstände greift oder sich komplett durch Wände und Mauern bewegt. Hin und wieder gibts da sogar ein paar schrille, surrealistische Bilder zu begutachten. Doch gut Ding will Weile haben.
In Form einer Dreiecksgeschichte wird diese Sci-Fi-Geschichte eingeläutet, die erst ab der zweiten Hälfte in handfeste Mad-Scientist-Gefilde driftet. Bis dahin muss man schon etwas Geduld aufbringen. Es ist lobenswert und für Genre-Produktionen jener Ära auch erstaunlich, wie viel Zeit man sich hier für die Charaktere nimmt. Für meinen schlechten Geschmack zu viel Zeit, denn ein bisschen langmährig und banal ist das schon. Stellenweise hat man schon das Gefühl, ein seichtes Liebesmelodram vor sich zu haben; etwas mehr Tempo und Verve hätten hier gut getan.
Überhaupt schwächelt das Drehbuch hier und da, so wird zum Beispiel noch eine Nebenhandlung um einen hinterhältigen Firmen-Mitarbeiter (Robert Strauss), der aus Tony Nelson’s Forschungen Kapital zu schlagen versucht, angezettelt, die dann aber im nachhinein wie Ballast erscheint. Gelangt dann der Film zu seiner eigentlichen Thematik – das Durchschreiten von Wänden und Gegenständen – zerstört die wahrhaft ohrenbetäubende und unpassende Musik von Robert Carmichael jeden Anflug von Atmosphäre – und das mit Pauken und Trompeten. Für sich allein gesehen würde der Soundtrack noch als experimentelles Jazz-Gedudel durchgehen, hier passt die Musik, die manchmal einfach nur Krach ist, überhaupt nicht dazu.
Nicht uninteressant ist der Aspekt des Vampirismus, zumindest eine Variation davon, die Tobe Hooper Jahre später zu seinem effektgeladenem SF-Katastrophen-Horror LIFEFORCE (1985) inspiriert haben könnte: hier ist es der Horror-Archetyp des verrückten Wissenschaftlers, der anderen Menschen die Lebensenergie aussaugt. Robert Lansing geht darin voll auf und ist darstellerisch hier am meisten gefordert: dessen zunächst bodenständiger Charakter verfällt im zunehmendem Maße dem Wahn, was freilich nicht gänzlich ohne Over Acting geschieht. Aber die Figur des Mad Scientist darf ruhig mal etwas übertrieben agieren und reagieren.
Mit Robert Lansing freuen sich alteingesessene Trekkies auf ein Wiedersehen mit 2 STAR TREK-Gaststars: er spielte nämlich in der Folge „Ein Planet, genannt Erde“ (die letzte der 2. Staffel) den intergalaktischen Geheimagenten Mr. Seven, wobei genau diese Episode als Pilotfilm für eine eigene Serie gedacht war (ein erster Star-Trek-Ableger sozusagen), was jedoch leider nicht geschah. Interessant wäre dies allemal gewesen. Die zweite im Bunde ist Lee Meriwether, die in der herrlich trashigen Folge „Gefährliche Planetengirls“ die Männer mordende (bzw. berührende) Nadira mit vollem Körpereinsatz verkörperte. Beide Darsteller sah man darüber hinaus, neben dem üblichen Serienkram, noch in anderen Genre-Produktionen: Lansing z.B. in Bert I. Gordon’s Monstertrash IN DER GEWALT DER RIESENAMEISEN (1977) und im Kakerlaken-Horror DAS NEST (1987); die Meriwether u.a. als Catwoman in BATMAN HÄLT DIE WELT IN ATEM (1966) sowie in Irwin Allen’s Zeitreise-Serie TIME TUNNEL (1967-68).
- Die Welt ist ein Dorf: Robert Lansing und Lee Meriwether traf man auch in NAMU, DER KILLERWAL (1966) wieder an
- „Das geringe Budget macht sich vor allem in der Ausstattung bemerkbar, denn die Handlung findet nur an drei verschiedenen Orten (Labor, Wohnung und Büro) statt. Dank der kräftigen bonbonfarbenen Fotografie ist DER 4D-MANN heute als Trash-Produkt seiner Zeit durchaus zu genießen.“ (Frank Trebbin, DIE ANGST SITZT NEBEN DIR)
- „Trivialer Horrorfilm ohne sonderlichen Reiz.“ (LEXIKON DES INTERNATIONALEN FILMS)
Einige faszinierende Spezialeffekte, das Wiedersehen mit Robert Lansing & Lee Meriwether
Kaum Tempo, zu viel weinerliches Melodram-Tralala, eine unnötige Nebenhandlung, die Musik