DAS UNHEIMLICHE
GB/Kanada 1977 / O: "The Uncanny" / Prod.: Cinevideo Inc.; Tor Productions / Laufzeit: 85 Min. / FSK: ab 16
Regie: Denis Héroux / Musik: Wilfred Josephs / Kamera: Harry Waxman / Schnitt: Michael Guay, Keith Palmer, Peter Weatherley / Ausf. Prod.: Harold Greenberg, Robert Kantor, Richard R. St. Johns / Prod.: Milton Subotsky, Claude Héroux, René Dupont / Buch: Michel Parry
Darsteller: Peter Cushing (Wilbur Gray), Ray Milland (Frank Richards), Donald Pleasence (Valentine De'ath), Samantha Eggar (Edina Hamilton), John Vernon (Pomeroy), Joan Greenwood (Miss Malkin), Roland Culver (Wallace), Alexandra Stewart (Mrs. Blake), Donald Pilon (Mr. Blake), Susan Penhaligon (Janet), Sean McGann (Inspektor) sowie Simon Williams, Chloe Franks, Katrina Holden, Renée Girard, Catherine Bégin, Jean LeClerc
Scheinbar ein Leben lang hat der Autor Wilbur Gray (Peter Cushing) recherchiert und aufgezeichnet, Akten und Fakten geordnet und Beweismaterial zusammengesucht, darüber, dass der Menschheit eine dunkle Zukunft bevorsteht. Denn: Katzen sind drauf und dran, die Weltherrschaft zu übernehmen! Mit einem dicken, fetten Manuskript unter’m Arm sucht er eines Abends den skeptischen Verleger Frank Richards (Ray Milland, DER MANN MIT DEN RÖNTGENAUGEN; FROGS) auf, in der Hoffnung, dass dieser sein Buch drucken wird. Der Katzenhysteriker erzählt dem Katzenliebhaber drei Geschichten, um seine These zu untermauern…
Soviel zur lahmen Rahmenhandlung dieses altmodischen, britischen Episodenfilms, dessen drei Horror-Storys sich auch nicht unbedingt vielversprechend anhören. In der ersten Episode versucht der nichtsnutzige Neffe einer alten Dame mit Unterstützung des raffgierigen Dienstmädchens an deren Erbe zu gelangen. Dummerweise hat Tantchen ihr gesamtes Vermögen ihren vielen Katzen vermacht. Und diese beschützen ihren rechtmäßigen Besitz auch nach dem Tod ihres Frauchens…
Erbschleicher-Storys sind wohl der Stoff, der für Horror-Anthologien wie gemacht ist. Die Rache für die Habgier folgt diesmal auf dem Samtfuß. Leider eben nicht besonders aufregend.
Die darauf folgende Geschichte ist auch die Unsinnigste: ein junges Mädchen besinnt sich auf die okkulten Fähigkeiten ihrer verstorbenen Mutter und rächt sich auf diese Weise für all die Schikanen und Schandtaten, die sie durch ihre böse, hinterhältige Stiefschwester erdulden musste. Und das ist es denn auch: ein ziemlich kindischer Unfug. Eine Katze kommt auch noch vor: Kater Wellington, der als billige Rückprojektion monströse Züge annimmt und die geschrumpfte Schwesternzicke durch die Stube jagen darf. Wenigstens kommt das Ende boshaft und schön fies daher; da schimmert sogar der gute, alte englische Humor etwas durch.
Die dritte Episode ist die Beste, was aber nichts zu bedeuten hat: Darin hat HALLOWEEN-Legende Donald Pleasence als eitler, selbstverliebter Hollywood-Schauspieler der 30er Jahre seine Film- und Ehepartnerin auf dem Gewissen, um so seine Geliebte (Samantha Eggar aus Cronenbergs DIE BRUT), ein dümmliches Blondchen, an deren Stelle zu hieven. Die Katze der Verstorbenen beobachtet das Geschehen mit Argusaugen…
Gruslig ist dieser Beitrag auf keinen Fall, richtig lustig eigentlich auch nicht, obwohl einige nette parodistische Elemente zu gefallen wissen, z.B. wie Pendel und Eiserne Jungfrau hier Verwendung finden. Sehenswert ist Donald Pleasence, der hier (mal wieder) so maßlos übertreibt und im Over-Acting schwelgt, dass es eine Freude ist. In einer weiteren Rolle ist John Vernon (bekannt aus dem Spät-80er-Jahre-KAMPF DER WELTEN-Serienableger) als besorgter Filmproduzent zu sehen.
THE UNCANNY war 1977 der erste Beitrag von Milton Subotsky für seine neu gegründete Produktionsfirma Tor Productions, deren Dasein nicht besonders von Erfolg gekrönt war. Er wird es anders in Erinnerung haben: als er zusammen mit seinem langjährigen Filmpartner Max J. Rosenberg die legendären Amicus-Studios zur hartnäckigsten Konkurrenz zu Hammer Films aufbaute. Besonders ihre Episoden-Horrorfilme erwiesen sich als äußerst beliebt, wie z.B. DIE TODESKARTEN DES DR. SCHRECK oder DER FOLTERGARTEN DES DR. DIABOLO (bereits da gab es schon eine Katzengeschichte). Das Fantasy-Abenteuer DER 6. KONTINENT (1976) war nach lange anhaltenden Streitereien zwischen Subotsky und Rosenberg ihr letztes gemeinsames Projekt, fortan ging das Produzentenpaar getrennte Wege, ohne aber an vorherige Erfolge anknüpfen zu können. Und so sieht DAS UNHEIMLICHE, das nicht unheimlich ist, auch aus: wie ein mühseliger Versuch von Milton Subotsky, an jene früheren Erfolge anzuknüpfen. So war auch die dritte Episode der Amicus-Produktion TOTENTANZ DER VAMPIRE (1970) ein parodistisches Humorstück, das auf einem Filmset spielte.
Peter Cushing und Ray Milland in allen Ehren, aber dieser betagte Schinken kommt leider nicht über das Prädikat „biederer Altherren-Grusel“ hinaus. Die Ereignisse sind vorhersehbar, betulich und banal, während die schnarchige Regie auch nicht gerade dazu beiträgt, das Geschehen wenigstens etwas spannender und mitreißender zu gestalten. Gerade hier zeigt sich eine große Schwäche dieses’ Episoden-Gruslers: das es ihm in keinster Weise gelingt, Katzen als etwas Bedrohliches darzustellen. Das werden sie nach diesem Film wohl nur für Tierhaar-Allergiker bleiben. Um Angst einzujagen, reicht es eben nicht, eine miauende, fauchende oder kratzende Katze zu zeigen – das machen die kleinen Biester auch so. Die Angriffszenen funktionieren genauso wenig, da man in Gedanken immer die Person neben der Kamera stehen sieht, die die Viecher ins Bild schmeißen.
Das Beste am ganzen Film ist da noch der nette, animierte Vorspann, danach hört es auch schon auf. Mit einer Rahmenhandlung, die überhaupt nicht ausgearbeitet ist und drei daran hängenden Episödchen, die anstatt Grusel zu erzeugen eher zum Gähnen animieren. Immerhin darf sich Cushing schön in seine Rolle als verängstigter, leicht hysterischer Katzenphobiker hinein steigern und Sachen sagen wie: „Wir denken, wir sind die wahre Herren und sie die Katzen, aber wir irren uns: Sie sind die Herren!“
- Das Label e-m-s (inzwischen Legende) veröffentlichte den betagten Episoden-Grusler im Sommer 2008 als #7 in der Reihe „Der phantastische Film“. Das Bonusmaterial ist etwas übersichtlich: Bildergalerie, Trailer und ein 8seitiges Booklet mit einem kleinen Text von Marcus Pawelczyk. Die Erstauflage im Sammelschuber ist freilich längst vergriffen, aber wer will, kann die DVD recht günstig bei Amazon bekommen.