ISOLATION
Irland / GB 2005 / O: "Isolation" / Prod.: Filmfour; Lions Gate; Bord Scanlán Na Héireann; Irish Film Board; The Bureau; Blue Orange Films; Element Films
Regie + Buch: Billy O'Brien / Musik: Adrian Johnston / Kamera: Robbie Ryan / Schnitt: Justinian Buckley / Ausf. Prod.: Nicolas Meyer, Stephanie Denton, Tessa Ross, Andrew Lowe / Prod.: Ruth Kenley-Letts, Bertrand Faivre, Ed Guinley / Spezialeffekte: Image FX, Scott McIntyre, Andy Roberts
John Lynch (Dan), Essie Davis (Orla), Sean Harris (Jamie), Ruth Negga (Mary), Crispin Letts (Doktor), Marcel Iures (John), Stanley Townsend (Garda Hourican)
Erzähl Deinen Filmabend-Freunden, was hier auf dem Programm steht: mutierte Kälber und Monster-Kühe, womit man mit diesen grobschlächtigen Bezeichnungen (die Zombie-Kuh schwirrte auch noch im Raum) nicht im entferntesten dem fabelhaften Spielfilm-Debüt von Billy O’Brien gerecht wird, auch wenn es in ISOLATION ziemlich grob, um nicht zu sagen rabiat, zugeht. Wenn das Nutztier zum Untier wird…
Der finanziell angeschlagene Farmer Dan (John Lynch, M.A.R.K. 13, 1990; ALIEN HUNTER, 2003) lebt und arbeitet auf einem herunter gekommenem Gut in Irland, da, wo niemand Ferien auf einem Bauernhof verbringen möchte. Eine wahrlich schwere Geburt steht ihm bevor, als seine Kuh zu kalben beginnt und heftige Komplikationen auftreten, denn das Kälbchen will und will nicht raus. In seiner Not wendet sich Dan an das bislang unerwünschte Pärchen Jamie (Sean Harris, CREEP, 2004; ERLÖSE UNS VON DEM BÖSEN, 2014) und Mary (Ruth Negga), die auf der Flucht mit ihrem Wohnklo vor seinem Privatgelände campen. Was Dan und Jamie schließlich unter größten Anstrengen auf diese Welt zerren, erweist sich als ziemlich bissig. Mit dem Kalb stimmt was nicht. Zu dieser Diagnose kommt auch Tierärztin Orla (Essie Davis, MATRIX: RELOADED & MATRIX: REVOLUTIONS, 2003), zufälligerweise auch Dan’s Ex, die das Tier töten läßt. Die Obduktion fordert grausiges zutage: im Bauch des Kalbs wucherten sechs deformierte Föten! Was schließlich jenen zwielichtigen Doktor (Crispin Letts) auf den Plan ruft, der Dan mit einem Schweigegeld abspeiste, um auf dessen Besitz seine dubiosen Experimente, mit Orla’s Hilfe, durchzuführen. Er war es, der der Kuh ihr Embryo künstlich einpflanzte. Einer der missgestalteten Föten erweist sich als äußerst lebendig und schon bald regiert im Kuhstall der pure Horror.
Wenn man ehrlich ist: eine Kuh ist nicht unbedingt ein Tier, vor dem man Angst hat, im Gegensatz zu Spinnen, Schlangen, Krokodilen oder Haien, die ja schon oft im Film als Tier-Horror-Monster herhalten mussten. In ISOLATION schafft es Billy O’Brien tatsächlich etwas bedrohliches von den friedlichen Wiederkäuern ausgehen zu lassen und das in einer Szene, die durchaus nachvollziehbar ist: die Mutterkuh versucht ihr Junges zu beschützen. Abgeschottet in einer anderen Stallbuchse versucht sie voller Panik über die Barriere zu klettern, die sie von ihrem (mutierten) Kalb trennt, und dabei droht, Dan und Jamie zu zertrampeln.
So verrückt und bizarr die Story auch anmuten mag (man denke nur an die Idee mit dem trächtigen Kalb), erwartet uns mit ISOLATION endlich mal wieder ernst zu nehmender, harter Monster-Horror der gehobenen Klasse, welcher ohne irgendwelche pseudoironische Auflockerungen und vor allem ohne kreischende Teenies auskommt – und gerade deshalb so wirkungsvoll und beklemmend realistisch ist. Billy O’Brien, dessen Heimatland Irland erneut für phantasievolle, originell umgesetzte Genre-Ware steht, gelingt es, der aus vielen anderen Filmen bekannten Thematik von schief gegangenen Gen-Versuchen mit entsprechend monströsem Ergebnis etwas erfrischendes abzugewinnen, das einen bis zur letzten Minute packt. Und das auch noch im letzten Drittel, welches mal wieder „nur“ auf die finale Monsterhatz zusteuert und trotzdem nichts an Intensität einbüßt.
Von Beginn an dominiert eine geradezu beklemmende und bedrohliche Atmosphäre. ISOLATION, einer der grimmigsten und stimmigsten Beiträge der letzten Jahre, spielt nur an wenigen Orten, im Stall, in Dans Haus und im Wohnwagen von Jamie und Mary, wodurch tatsächlich ein Gefühl der Isolation entsteht. Von der Gesellschaft sowieso schon isoliert, verhängt der gute Doktor bald die Quarantäne. Drinnen und draußen regieren Verfall, Dreck und Verwahrlosung. Alles ist trostlos, schmutzig und sowieso schon im Eimer. Die äußere Isolation spiegelt die innere Isolation der Charaktere wieder. Einfache, aber wirkungsvolle Stilmittel, die der irische Regieneuling da einsetzt. Selbst Dans Eingangstor findet gekonnt Verwendung, wenn er die Kamera beim Schließen mitschwenken läßt.
Das wie immer schnell heranwachsende Monster bekommen wir jedenfalls nie so ganz zu Gesicht, was eine clevere Entscheidung war. Das, was wir eben nicht sehen, ist viel furchteinflößender als so mancher Spezialeffekt. Das haben schon damals die Leute bei ALARM IM WELTALL und später auch ALIEN richtig gemacht.
Trotzdem, oder gerade deshalb, darf sich ISOLATION zu den knallharten Monster-Schockern der letzten Jahre zählen, obwohl man ihn herabstufen würde, wenn man ihn nur in diese Nische drückt. Richtig zermürbend ist die schwierige Geburt des Kalbes, wenn Dan und Jamie eine Art „mechanische Geburtenhilfe“ hinzuziehen, womit sie das Jungtier aus dem Lieb der Mutter ziehen. Und überall Blut, Schweiß und Ekel. Wie schon in Tim Cox‘ LARVA (2004) gibt’s einen ordentlichen Griff in den Kuharsch hinein, eine Szene, die dort freilich nicht ernst genommen wurde. Bei Billy O’Brien schon. Was für die, welche über keinen Kuhmagen verfügen, äußerst unangenehm sein dürfte. Drastische Szenen spart O’Brien jedenfalls nicht aus.
Fazit: Ein ziemlich finsterer Horror-Import von der grünen Insel, den man dank einfallsreicher Regie, gut aufgelegten Schauspielern und der wahrhaft unheimlichen Atmosphäre uneingeschränkt empfehlen kann.
- „Der Film enthält, mit eher geringen Mitteln gedreht, aber sehr bewusst eingesetzt, die gängigen Elemente eines verstörenden Horrorfilms: bissige, blutige Todesarten, eine Atmosphäre unabwendbarer Bedrohung und einfallsreiche Monster.“ (VIRUS #15)
- „Während die erste Hälfte von der Ekel erregenden Atmosphäre und den solide agierenden Schauspielern geprägt ist, weicht im weiteren Verlauf der Realismus ziemlich bizarrer Monster-Action, die durch ihre minimalistische Inszenierung aber trotzdem spannend bleibt.““ (DVD VISION 02/2007)