STERNENKRIEG IM WELTALL
Japan 1978 / O: "Uchû kara no messêji" / AT: "Message from Space"; Message from Space: Galactic Wars / Prod.: Toei Company; Tohokashinsha Film Company Ltd. / Laufzeit: 83 Min. (dt. Kinofassung); 101 Min. (ungekürzte jap. Fassung) / FSK: ungeprüft / dt. Kinostart: 22.09.1978
Regie: Kinji Fukasaku / Musik: Ken-Ichiro Morioka / Kamera: Toru Nakajima / Prod.: Akira Ito, Simon Tse, Tan Takaiwa u.a. / Buch: Hiro Matsuda / Story: Kinji Fukasaku, Shotaro Ishonomori, Masahiro Noda
: Vic Morrow (General Garuda), Sonny Chiba (Hans), Philip Casnoff (Aaron), Hiroyuki Sanada (Shiro), Etsuko Shihomi (Esmeralida), Peggy Lee Brennan (Meia), Tetsuro Tanba (Noguchi), Mikio Narata (Rokuseia XII), Makoto Sato (Urocco), Jerry Ito (Commander) u.a.
„Es war einmal in vielen 1000 Jahren…“
Wenn der Erzähler (in diesem Fall mit der markanten Stimme des umtriebigen Hartmut Neugebauer) schon so anfängt zu sprechen, scheint er zeitlich etwas desorientiert zu sein – oder er befindet sich mitten in einem Krieg der Sterne. Der war ab Ende der 70er in aller Munde und sollte diverse Filmemacher beflügeln: Produzent Roger Corman gab sein im höchsten Maße vergnüglichen SADOR – HERRSCHER IM WELTRAUM (1980) in Auftrag, die Italiener schickten 1979 KAMPF UM DIE 5. GALAXIS und STAR CRASH ins Rennen, sogar James Bond verschlug es im selben Jahr zu einem Intermezzo ins Weltall (MOONRAKER: STRENG GEHEIM) und auch das fernöstliche Japan ließ sich nicht lumpen und steuerte die eine oder andere Space Opera bei.
Bereits 1977, im selben Entstehungsjahr wie STAR WARS, schoss Jun Kukuda für die Toho-Studios seine fröhliche Weltraumballerei DER GROSSE KRIEG DER PLANETEN in die filmische Umlaufbahn, während die Toei Company gleich mal bis Ende Juni 1978 ein vorläufiges Aufführungsstopp von George Lucas‘ STAR WARS verhängte, um ihren eigenen STERNENKRIEG IM WELTALL unter ihre Kinomassen zu bringen. Eine mehr als dreiste Methode – man stelle sich vor, wenn z.B. die rein auf Plagiate ausgerichtete Billigfilmspelunke Asylum heutzutage so eine Macht hätte. Die dunkle Macht der Finsternis sozusagen.
Dieser Sternenkrieg sollte dato die bis dahin teuerste japanische Produktion sein und als Regisseur wählte man einen Fachmann aus, der sich zuvor vor allem in den 70ern mit seinen ruppigen Yakuza-Filmen einen Namen machte: Kinji Fukasaku. Der fabrizierte mit der amerikanisch-italienisch-japanischen Ko-Produktion MONSTER AUS DEM ALL (1968) zwar das, was man im allgemeinen als „Gurke“ bezeichnet, war aber auch mit der Co-Regie am Kriegsfilmklassiker TORA! TORA! TORA! (1970) beteiligt. Seinen internationalen Durchbruch schaffte Kinji aber erst im Alter von 70 Jahren mit seinem phänomenalen Spätwerk BATTLE TOYALE (2000). Drei Jahre später verstarb er während der Dreharbeiten zu BATTLE ROYALE 2, den schließlich sein Sohn sein Kenta für ihn beendete.
„Der Mond stürzt ab, die Welt geht unter!“
STERNENKRIEG IM WELTALL ist der Gegenpart zu Fukasakus brutalen Yakuza-Filmen: quietschvergnügtes und kunterbuntes Familienkino, für das sich aber inzwischen nur Trash-Fans und enthusiastische SF-Nerds begeistern dürften. Und die Frage steht im Raum: Was war denn nun in vielen 1000 Jahren?
Zunächst befinden wir uns auf Illucia, der ein friedlicher, prächtiger, kulturell hoch entwickelter und vor sich hin blühender Planet geblieben wäre – wenn wir uns eben nicht in einer dieser krawalligen Science-Fiction-Space-Operas befinden würden. Und so wurde Illucia von den kriegslüsternen Gabanas (nachfolgend auch als Gawaner bezeichnet) erobert, zerstört und in eine „waffenstarrende Festung“ umfunktioniert. Die letzten illucianischen Bewohner fristen derweil ihr Dasein in der Einöde der Berge, die so aussieht wie eine Theaterbühne – also sehr öde. Der Verzweiflung nahe holen sie ihren letzten Trumpf aus dem Ärmel; genauer gesagt sind es 8: 8 heilige Nüsse (hier auch als Reyabe-Samen bezeichnet), die von den letzten Wissenschaftlern nach vielen Fehlschlägen mit konzentrierter Energie ihrer Muttersonne aufgeladen wurden. Da sprach der alte Häuptling der Illucianer: „Wild ist der Weltraum, schwer ist der Beruf.“ Nein, das sagte er nicht, ich hab nur Spaß gemacht; wortwörtlich sprach er: „Sie sollen wandern durch Zeit und Raum und ein Volk finden, dass uns von der Tyrannei der Gawaner befreien kann.“ Kaum hat der Zausel-Häuptling die Prophezeiung beendet, fangen die acht heiligen Nüsse an zu glühen und schwirren ab in den Weltraum. Enkelin Esmeralida wird nebst tapferen Gefährten mitsamt ihrem Raumschiff hintergeschickt – und damit dürfte STERNENKRIEG IM WELTALL einer der ganz wenigen Science-fiction-Filme sein, wo eine olle Segelbarke durch die unendlichen Weiten des Weltraums gurkt.
Natürlich lassen es sich die Gawaner nicht nehmen, volle Kanone auf das Schiff zu schießen, doch was so eine Weltraum-Segelbarke ist … der kann so was nichts anhaben. Und so begibt sich Esmeralida auf die „Spur der Nüsse“…
„Wie kommt die Nuss in die Tomate?“
Derweil trudeln die 8 heiligen Nüsse wahlweise in Whiskygläsern, Tomaten und im Düsenantrieb bei ihren jeweiligen Auserwählten ein. Doch ob mit denen ein Krieg zu gewinnen ist? Da wären zwei tolldreiste Kerle in ihren fliegenden Kisten: Aaron (Philip Casnoff) und Shiro (Hiroyuki Sanada), die sich als Küchengehilfe ihre Brötchen verdienen und mit der Polente wilde Weltraumverfolgungsjagden liefern, da ist ihre nervige Kumpeline, die verwöhnte Großindustriellen-Tochter Meia (Peggy Lee Brennan), die man eher auf den Mond schießen als zur Rettung einer Welt heran ziehen möchte, und da ist noch ein zappeliger Kleinganove mit Überbiss, der damit sogar durchs Schlüsselloch ’nen Appel fressen könnte.
Eine weitere Nuss landet noch im Whiskyglas des altgedienten General Garuda (Vic Morrow), der mit seinem Roboter-Kumpel Beba so durch die Bars zieht und nach diversen Kampfeinsätzen ein bisschen amtsmüde ist. Sternhagelvoll statt Sternenkrieg. Ja und irgendwann kommt da noch auf einem roten Wüstenplaneten so ein Hans (Stargast Sonny Chiba) angeritten und offenbart sich als rechtmäßiger, friedlicher Machtinhaber der Gawaner. Das alles ergibt ein ziemliches Hin und Her, bei dem es gilt, die Auserwählten zum Mitmachen zu bewegen, wobei auch noch ein heimtückischer Verrat ausgefochten werden muss. Jede Menge Konfliktstoff also. Die Gawaner sind indes auch nicht untätig gewesen: haben sie doch tatsächlich eine runzlige Erdenhexe eingefangen (das näher zu erklären, würde auch noch mal dauern), ihren Gehirnskasten an so einer komischen Gedankenprojektionsmaschine angestöpselt und so die Erde ausfindig gemacht – die sie nun ebenfalls erobern wollen…
„Gleich kannst du mal an meiner Düse riechen!“
Ja, hier ist schon eine Menge los und trotzdem haben sich die Toei-Studios nicht wirklich etwas einfallen lassen, um es mit George Lucas aufnehmen zu können. Während man bei STAR WARS immer irgendwie am Ball bleibt und das Gut-gegen-Böse-Märchen auch heute noch, nach über 35 Jahren, zu begeistern vermag, wird hier nur ein kindlich-kindisches Treiben entfacht, das wohl nur noch die Trash-Fraktion in Entzückung versetzen dürfte – dafür aber umso richtig. Das alles ist unterhaltsam und macht schon einen Riesenspaß, aber eines steht auch fest: das Erzählen einer Geschichte zählt in diesem Fall nicht gerade zu den Stärken der Macher, hat man doch schon so seine Mühe, dem konfusen, albernen Plot von STERNENKRIEG IM WELTRAUM zu folgen.
Dennoch hat man sich nicht lumpen lassen, um die Leute bei Laune zu halten: Turbulente Verfolgungsjagden im Weltraum, Massen-Schlachten, diverse Schauplatzwechsel, zerstörte Planeten, Explosionen, Laserduelle, Miniaturen, jede Menge Action, aufwendige Sets, Dekors und Kostüme … Der Aufwand, der hier zelebriert wurde, lässt sich nicht von der Hand weisen und trotzdem ist MESSAGE FROM SPACE im nachhinein ein ziemlich hastig zusammen gestöpseltes Big-Budget-Rip-Off , das irgendwie vom STAR WARS-Erfolg profitieren wollte. Man hat zwar versucht eigene Ideen mit einzubringen, aber irgendwie ging das nicht auf und so beschränkte man sich auf das direkte Kopieren aus dem übergroßen Vorbild. Manche Szenen und Elemente wurden 1:1 entnommen: Da gibt es eine Todesstern ähnliche Militärbasis, Kampfflieger, die durch Reaktortunnel düsen, den drolligen Belustigungsroboter und natürlich die obligatorische Szene mit dem gigantischen Raumkreuzer, der am oberen Bildrand auftaucht und seine Bahnen zieht.
Im Filmbusiness ist es wie im richtigen Leben: Letzten Endes klaut jeder von jedem (es soll ja sogar Filmkritiker geben, die voneinander abschreiben) und es ist kein Geheimnis, dass sich eben auch Mr. Lucas an anderer Stelle für sein Lebenswerk hat inspirieren lassen.
Nur wusste er eben doch sowohl Helden als auch Bösewichter einfach besser einzusetzen: letztere sind mit ihren Walle-Walle-Gewändern, silbernen Blechgesichtern und den mit Hörnen bestückten Helmen eher putzig anzusehen. Ein Brüller für sich ist Roll-Troll „Mother Dark“, die Kaiserin, die im fahrbaren Thron (mit Joystick) ab und zu eine geifernde Stippvisite gibt und mit ihrem Sohnemann, Kaiser Rockuseia XII, die Befehlsgewalt über die Gawaner hat. Zumindest gehen einem diese Darsteller, die außerdem hinter einem fetten Make-Up verborgen sind, noch lange nicht so auf den Keks wie ihre Gegenparts. Statt edler Helden gibts hier fast ausschließlich Nervensägen, von der mit einem Lorbeerkranz bestückten Esmeralida einmal abgesehen. Natürlich fehlt auch in diesem Film nicht das typisch hyperventilierende Gezappel, so wie man es halt von asiatischen Schauspielern gewohnt ist – dumm nur, wenn ihre amerikanischen Kollegen meinen, ihnen da unbedingt nacheifern müssen. Was die knallchargierende Peggy Lee Brennan (hier in ihrem Debüt) betrifft, so mag es schon seine Berechtigung haben, dass sich ihre Filmkarriere überhaupt nicht so recht entwickelt hat und auch Schönling Philip Casnoff ist als Shiros Kumpel das, was man im allgemeinen als Zumutung bezeichnet.
Vic Morrow versucht das Ganze mit Würde zu ertragen und Sonny Chiba, der erst im letzten Drittel dazu stößt, ist ‚eh die Ruhe selbst – schade nur, dass man ihn in dieses alberne Kostüm gesteckt hat. Aber man muss ja alles mal mitmachen.
Kinji Fukasaku ist ein versierter Regisseur und dank seiner temporeichen Inszenierung kommt auch keinerlei Langeweile auf. Nur beschleicht einem doch das Gefühl, das bei einem Filmemacher seines Formats noch einiges mehr drin gewesen wäre – wenn man nur etwas mehr Zeit und Sorgfalt in das gesamte Unternehmen investiert hätte. STERNENKRIEG IM WELTALL, diese kurzweilige Space-Opera-Sause für alle SF-Nostalgiker, ist grell, kunterbunt, hin und wieder etwas schräg, irgendwie überzogen und manchmal einfach nur albern. Letztendlich überwiegt der Trash-Faktor: Etwa wenn die olle Runzelhexe ihren Mutantensohn vorstellt oder wenn einfach nur eine simple Atemmaske benötigt wird, um sich im Weltraum zu bewegen.
STERNENKRIEG IM WELTRAUM auf DVD:
Die DVD-Veröffentlichung durch die Spezialisten von Subkultur Entertainment ist mal wieder über alle Dinge erhaben und so läutet dieser STERNENKRIEG IM WELTALL den tollen Start für eine neue Reihe, nämlich die „Toei Classics“, ein. Von der liebevollen Aufmachung des auf 2000 Stück limitierten 2-Disc-Sets können sich andere Anbieter eine dicke, fette Scheibe abschneiden. Im schicken Pappschuber steckt ein ebenso wunderschön gestaltetes Digi-Pack, dass schließlich die beiden Silberscheiben enthält. Disc 1 bietet neben einem Vorwort von Sonny Chiba, 3 japanischen Trailern und einer Bildergalerie die ungekürzte japanische Fassung (101 Min.) sowie die Dokumentation „Messages from Earth“ (ca. 28 Min.), in der neben Kenta Fukasaku diverse Beteiligte zu Wort kommen. Auf Disc 2 kann man sich schließlich die deutsche Kinofassung (83 Min.) mitsamt eines tollen Audiokommentars mit den Herren Jörg Buttgereit und Pelle Felsch zu Gemüte führen. Zusätzliche Bonbons sind hier noch der dt. Kinotrailer, eine Bildergalerie mit dt. Aushängen – und ein Easter Egg, das den gesamten Film als schrabbelige Bahnhofskinofassung parat hält. Ein 8seitiges Booklet, das zwar nicht frei von Rechtschreibfehlern ist (was solls – das ist diese Website auch nicht!), aber zusätzlich viele Hintergrundinfos bietet, rundet das Gesamtpaket ab. Eine wirklich großartige Veröffentlichung – danke, Ihr Subkulturer!Bestellen kann man sich das wunderschöne Set z.B. bei ofdb.