CARNOSAURUS
USA 1992 / O: „Carnosaur“ / Prod.: New Horizons / FSK: ab 18 / Länge: 85 Min.
Regie: Adam Simon / Musik: Nigel Holton / Kamera: Keith Holland / Schnitt: Richard Gentner / Ausf. Prod.: Roger Corman / Prod.: Mike Elliott / Buch: John Brosnan, Adam Simon / LV: Harry Adam Knight [= John Brosnan] / Spezialeffekte: John Carl Buechler, Alan Lasky
Diane Ladd (Dr. Jane Tiptree), Raphael Sbarge („Doc“ Smith), Jennifer Runyon (Ann “Trush”), Harrison Page (Sheriff Fowler), Ned Bellamy (Fallon), Clint Howard (Friar), Frank Novak (Jesse Paloma), Ed Williams (Dr. Raven), Martha Hackett (Kroghe), Scott P. Levy (Soldat), Paul Di Franco (Senator Capone), Rodman Flender (Senators Assistent) sowie Andrew Magarian, Brent Hinkley, Lisa Moncure, Myron Simon, Jeff Foster, Michael Elliott, Alan Lasky u.a.
„Diese Erde wurde nicht für uns gemacht. Sie wurde für die Dinosaurier geschaffen.“
Kaum das sich 1992 mit Steven Spielbergs JURASSIC PARK ein großer Kinohit anbahnte, schob Roger Corman seine von ihm fix produzierte Billig-Variante hinterher. Obwohl die Dreharbeiten zu CARNOSAURUS später begannen, schaffte es Corman noch, seine preiswerte Dino-Sause kurz vor JURASSIC PARK in einige auserwählte US-Kinos zu bringen.
Auf Roger Corman ist eben Verlass: Wann immer sich ein erfolgreicher Kinotrend anbahnte, so ist er stets als einer der Ersten zur Stelle gewesen, um damit ein bisschen Kohle abzustauben. Was man jetzt nicht dachte: CARNOSAURUS ist eine Literaturverfilmung und beruht, wenn auch sehr, sehr lose, auf einer Vorlage des australischen Schriftstellers John Brosnan (1947 – 2005), auf dessen Romanen u.a. BEYOND BEDLAM (1994) und PROTEUS (1995, beide übrigens mit Craig Fairbrass) basieren. Unter seinem Pseudonym Harry Adam Knight schrieb er 1984 seinen Öko-Horrorthriller „Carnosaur“ – 6 Jahre also, bevor Michael Crichton „Jurassic Park verfasste“…
CARNOSAURUS beginnt mit schockierenden Bildern realen Horrors, die nie ein Spielberg bringen würde. Man könnte fast meinen, dass PETA ein Video in den Vorspann mit hinein geschmuggelt hat: Hier sehen wir Doku-Szenen aus einer Geflügel-Mastanlage, in denen hunderte Hühner in einer gigantisch-schrecklichen Tötungsmaschine abgeschlachtet werden und mit entsetzlichen Schreien einen qualvollen Tod sterben. Im weiterem Verlauf scheint sich Regisseur und Autor Adam Simon wie im Wahn immer weiter in diese anfängliche Öko-Kritik hineinzusteigern, obwohl die im nachfolgenden Klamauk untergeht.
Das CARNOSAURUS nicht mehr ist als die blutig-drollige Billigvariante von Spielbergs JURASSIC PARK liegt u.a. auch an dem 08/15-Personal. Da sind die schlicht getricksten Dinos noch nicht einmal mit eingerechnet, wenn sich eine irre Wissenschaftlerin, ein versoffener Jammerlappen-Held, doofe Umweltaktivisten, nervige Teens, korrupte Konzernbosse und die üblichen Militär-Chergen durch eine gar schauerliche Geschichte wuseln:
Lustigerweise hat in CARNOSAURUS Diane Ladd die Hauptrolle inne, bekanntlich wirkte ihre Tochter Laura Dern ja in JURASSIC PARK mit. Ladd spielt die beknackte Wissenschaftlerin Dr. Jane Tiptree, eine einst angesehene Gen-Forscherin, die sich jedoch in die Labors der EUNICE-Corporation zurückgezogen hat, wo sie hinter verschlossenen Türen ihre tückischen Experimente betreibt. Die werte Dame betrachtet die Menschheit nämlich als niedere Spezies, die es von diesem Planeten zu verbannen gilt. Als Nachmieter für die Erde hat Dr. Tiptree den guten, alten Saurier auserkoren. Mittels manipulierten Hühnergenen und einem eigens dafür kreierten Virus lässt sie Frauen grüne, fette Eier auf die Welt bringen, aus denen niedliche, kleine Dinos schlüpfen. Doch das erleben ihre Mamis leider nicht mehr, was ja auch der Sinn der Sache ist.
Einige Sauriereier aus Tiptrees privater Legebatterie sind schon in Umlauf gekommen: ein frisch geschlüpfter Baby-Dino mutiert zum Killer-Dino, in dem er sich u.a. durch einen LKW-Fahrer, zwei Wachmännern und drei angetütelten Teenies frisst. Ein dauernd alkoholisierter Herumtreiber (fade: Raphael Sbarge), von allen nur „Doc“ genannt, und die Umweltschützerin Trush (Jennifer Runyon) treten gegen das sauriergeile Fräulein Doktor und ihre Killerbrut an…
Hätte es Regisseur und Autor Adam Simon nur bei dem vorhandenen Dummfug belassen (Frauen die Dinosaurier-Eier legen!), CARNOSAURIER wär als unterhaltsam-unsinniger Monster-Klopper durchgegangen. Leider musste auch er seinen eigenen Film wichtiger nehmen als er ist. Ein dringendes Bedürfnis war es ihm gewesen, dem Zuschauer seine ach so wichtigen Öko-Botschaften um die Ohren zu hauen, was sich in plumpen, aufdringlichen und geschwätzigen Dialogen wiederspiegelt. Leider verplempert Adam Simon zu viel von seiner Laufzeit; ohne das ganze Geschwafel würde es CARNOSAURS nicht mal auf eine Stunde bringen. Da betreibt die langweilige Umwelt-Uschi Trush mit ihren Lakaien regelrechte Öko-Propaganda, während die beknackte Saurier-Tante Dr. Tiptree in scheinbar endlosen Monologen darüber schwadroniert, was für eine Umwelt-Drecksau der Mensch doch ist. Das soll wohl als Motiv für ihre Taten gedacht sein, kann man aber in diesem Film einfach nicht ernst nehmen (Zur Erinnerung: Dinosaurier-Eier legende Frauen!). Da lacht ja der T-Rex.
Neben diesem ausuferndem Geschwafel bremsen diverse verworren erzählte und nur unzureichend zusammengeführte Handlungsstränge incl. einer überflüssigen Liebesgeschichte den Film nur aus.
Dino-Action kommt bei dem ganzen Gelaber eindeutig zu kurz. Es gibt gerade mal 2 ausgewachsene Saurier im Film, die noch dazu fast nur im Dunkeln ihr Unwesen treiben. Kein Wunder das man sie nur im finstern agieren lässt, denn die ungelenken, ulkigen Auftritte dieser komischen Pappmasché-Knetgummi-Viecher fallen sehr, sehr billig aus. Trotzdem machen sie Laune, auch oder gerade weil die Spezialeffekte für das Jahr 1993 so furchtbar rückschrittlich und lieblos dahingeschludert sind.
Dafür zeigt mal wieder der gute, alte John Carl Buechler (RE-ANIMATOR; FROM BEYOND), dass er mit wenig Kohle ein paar derbe, blutige und garstige Gore-Eskapaden kreieren kann. In diesem Falle: Saurier-Sauereien. Und so läßt er die beiden Billig-Dinos ein kleines Splatter-Fest veranstalten, in dem Körperteile herausgerissen, Köpfe abgetrennt und Gesichter angeknabbert werden; dazu gibt’s reichlich Kunstblut und Innereien-Gekröse. Machen wir uns nix vor, aber diese Szenen sind die einzigen Highlights des ganzen Films. Hier gibt es auch viel unfreiwilligen Humor, etwa wenn der Dino angestapft kommt und irgend so einer schreienden Uschi das Bein rausreißt und dran rumknabbert wie an einem Hähnchenschenkel. Oder wenn zum Schluß, im lieblos hingeklatschtem Finale, ein Monsterwurm aus Diane Ladds Bauchdecke glotzt und dort Ridley Scotts ALIEN herzlich grüßt.
Ansonsten … naja, will CARNOSAURUS einfach nicht so richtig aus dem Knick kommen. Die öde deutsche Synchro trägt jetzt auch nicht dazu bei dass das viele Geplapper erträglicher wird. Das hätte es bei einem Rainer Brandt nicht gegeben!
Leider agieren auch sämtliche Darsteller im Schlafmodus, allen voran die arme Diane Ladd, die mit ihren vielen Schwachsinns-Dialogen, die sie hier lustlos absondern muss, auf die Dauer nervt. Mit Diane Ladd in der Hauptrolle konnte man, zumindest damals im Jahre 1992/93, mit einem renommierten Star auftrumpfen, immerhin spielte sie u.a. in Roman Polanskis CHINATOWN und Martin Scorseses Frühwerk ALICE LEBT HIER NICHT MEHR (beide 1974) mit. Bei CARNOSAURUS mag man kaum glauben, dass sie mal die irre, hysterische Mutter in David Lynchs WILD AT HEART (1990) war. 1966, am Anfang ihrer Karriere, war sie übrigens in Roger Cormans DIE WILDEN ENGEL (1966) zu sehen – dies dürfte auch der einzige Grund sein, warum sie freiwillig in CARNOSAURUS mitmachte.
Die anderen, weniger bekannten Darsteller sind auch nicht besser: Raphael Sbarge (QUICKSILVER HIGHWAY; THE HIDDEN II; LAND OF THE DEAD) ist als verhinderter Held schlichtweg langweilig. Seiner trantüteligen Figur sollte wohl eine Alkoholabhängigkeit und ein Versagen als Arzt angedichtet werden, was genauso wenig zum Tragen kommt bzw. ausgearbeitet wurde wie die nichtsnutzige Liebesbeziehung zwischen ihm und Trush. Jennifer Runyon (sie war zu Beginn von GHOSTBUSTERS die Studentin bzw. Probandin von Dr. Vankman) hatte hier übrigens ihren letzten Filmauftritt. Harrison Page, der seine Karriere in den Filmen von Russ Meyer begann und später vor allem als genervter Chef von SLEDGE HAMMER bekannt wurde, spielt den Sheriff, während Clint Howard kurz als dussliger Farmer zu sehen ist, dem später der Kopf abgerissen wird.
Der billig vor sich hinklimpernde Synthie-Score von Nigel Holton ist jetzt auch nicht unbedingt das, was man als „spektakulär“ bezeichnen möchte. Besonders in den Spannungsszenen erweist sich das einschläfernde, monotone Gedüdel als absolut unpassend – und gerade das wiederum passt zu diesem Film.
Fazit:
Eine bekloppte Geschichte um Sauriereier legende Frauen, lächerlich getrickste Dinos, zünftige Splatter-Einlagen von Johnny Buechler, dazu Diane Ladd in der Haupt- und Clint Howard in einer Nebenrolle – daraus hätte man doch einen herrlichen Monsterfilm-Knaller stricken können. Stattdessen eiert (im wahrsten Sinne des Wortes) die Story nur sinnlos rum und das ganze Geplapper nervt mitsamt dem erhobenem Öko-Zeigefinger einfach. Das unpassend bittere Ende will auch nicht so recht passen. In dieser Form ist CARNOSAURUS leider nur bedingt unterhaltsam. Schade eigentlich.
CARNOSAURUS auf DVD:
Es gibt mehrere DVD-Veröffentlichungen der berühmt-berüchtigten Billig-Labels Laser Paradise und Best Entertainment, die zum Teil rabiat gekürzt sind. Weg damit. Ungekürzt ist dagegen die DVD von Carol Media / Screen Power mit dem Vermerk „Special – Uncut Version“, die später auch nochmal von Best Entertainment verscherbelt wurde. Bis auf die Trailer zu CARNOSAURUS 1 -3 und DEATH RACE 2000 sowie einer Bio-und Filmografie von Roger Corman (als Textlauf) gibt es kein weiteres Bonusmaterial.
- Trotzdem war CARNOSAURUS zumindest auf dem Videosektor derart erfolgreich, dass Produzent Roger Corman 2 Fortsetzungen hinterher schob: Louis Morneaus CARNOSAURUS – ATTACK OF THE RAPTORS aka CARNOSAUR 2 (1995, mit John Savage, Cliff DeYoung und Don Stroud) und Jonathan Winfreys PRIMAL CREATURES aka CARNOSAUR 3 – PRIMAL SPECIES (1995). 2001 gab es noch von Jim Wynorski den dreist recycelten Schundfilm-Aufguss RAPTOR, der zwar mit Eric Roberts und Corbin Bernsen prominent besetzt ist, aber hautsächlich mit Szenen aus CARNOSAURUS 1 – 3 zusammengepanscht wurde. Hier ließ Corman nicht nur einige Spezialeffekte, sondern ganze Szenenabläufe in den Film „integrieren“. Sogar Harrison Page ist hier wieder mit dabei; in einer anderen aber doch gleichen Rolle.
- Kleine Cameo-Auftritte absolvieren die Corman-Schüler und Regisseure Rodman Flender (LEPRECHAUN II, 1994; DIE KILLERHAND, 1999) und Scott P. Levy (DAS ALIEN IN DIR und DIE RÜCKKEHR DER PIRANHAS, beide 1995).
- Die Welt ist ein Dorf: Raphael Sbarge und Martha Hackett, die ganz kurz zu sehen ist, trafen sich in STAR TREK – VOYAGER wieder. Hackett verkörperte dort die rebellische Seska, während Sbarge in fünf Folgen der 2. Staffel den nicht weniger verräterischen Crewman Michael Jonas spielte.
- „Ein lupenreiner Horrorfilm, der sein Publikum größtenteils kurzweilig und spannend zu unterhalten versteht.“ (Harry Lieber, HÖLLE AUF ERDEN)
- „Steven Spielberg gab mit „Jurassic Park“ die Melodie vor, und der gute Roger lässt Adam Simon mit „Carnosaurus“ danach tanzen. Es ist eine Gore-Polka daraus geworden.“ (Frank Trebbin, DIE ANGST SITZT NEBEN DIR)
- „…eine jener typischen Produktionen, die nicht zufällig fast zeitgleich mit Spielbergs „Jurassic Park“ am Markt platziert wurden.“ (FISCHER FILM ALMANACH 1994)