DER SATAN MIT DEN 1000 MASKEN
USA 1958 (s/w + Farbe) / O: "How to make a Monster" / Prod.: American International Pictures / Laufzeit: 68 Min.
Regie: Herbert L. Strock / Musik: Paul Dunlap / Kamera: Maury Gertsman / Schnitt: Jerry Young / Ausf. Prod.. James H. Nicholson / Prod.: Herman Cohen / Buch: Herman Cohen, Kenneth Langtry [= Aben Kandel]
Robert H. Harris (Pete Dumont), Paul Brinegar (Rivero), Gary Conway (Tony Mantell / Frankensteins Ungeheuer), Gary Clarke (Larry Drake / Werwolf), Morris Ankrum (Police Capt. Hancock), Paul Maxwell (Jeffrey Clayton), John Ashley (als sich selbst), Eddie Marr (John Nixon), Walter Reed (Det. Thompson), Thomas Browne Henry (Regisseur Martin Brace), Malcolm Atterbury (Richards), Dennis Cross (Monahan), Heather Ames (Arlene Dow), Herman Cohen (Banks, der Filmvorführer) u.a.
„Darf ich die Herren miteinander bekannt machen? Der Werwolf und Frankensteins Ungeheuer – gebt euch die Hand, ihr Lieben.“
Unzählige Masken hat der alt gediente Maskenbildner Pete Dumont (Robert H. Harris), Spezialist für Horrorfilme, angefertigt, doch die neuen Studioeigentümer sind der Meinung, dass das Publikum genug von diesem Horrorkram hat und stattdessen lieber Musikfilme und Komödien bevorzugt. „Gruselfilme sind passé, die Leute wollen das Zeug nicht mehr sehen“, lautet ihre Prognose und so sollen die derzeitig laufenden Dreharbeiten, in denen Pete Dumonts beste Kreationen, der Werwolf und Frankensteins Ungeheuer, aufeinander treffen, der letzte Horrorfilm sein, bevor er nach 25 Jahren aufopferungsvoller Arbeit auf die Straße gesetzt wird. Was das Maskenbildner-Genie so nicht hinnehmen will, woraufhin er eine Hypnose auslösende Spezialcreme anfertigt, mit der er die beiden Monster-Darsteller Tony (Gary Conway) und Larry (Gary Clarke, BESTIE DES GRAUENS, 1958) kurzzeitig in echte Monster verwandelt und ihnen seinen Willen aufzwingen kann. Und der lautet: Tötet die bösen Studiobosse!
Nun, so ganz hält der reißerische deutsche Titel nicht ein, was er verspricht: 1000 Masken gibt es hier nicht zu sehen, sondern nur mickrige drei. Aber man kann ja nicht alles haben. Davon mal abgesehen ist es ein leichtes diese filmische Anleitung, wie man ein Monster erschafft, als naiven, altmodischen Gruselquatsch abzutun (was Strocks‘ Horror-Antiquariat letztlich auch ist), trotzdem hat das Ganze im Kern der Geschichte Hand und Fuß: Hier in Bezug darauf, dass gerade in der damaligen Zeit renommierte Maskenbildner, Trickspezialisten und andere Filmschaffende in späteren Jahren auf unrühmliche und undankbare Weise ihren Pflichten entbunden – sprich: gefeuert – wurden und zunächst in Vergessenheit gerieten. Als Beispiele seien an dieser Stelle Jack P. Pierce und Willis O’Brien genannt, deren Wirken und Schaffen inzwischen legendär sind, aber zu Lebzeiten nicht gebührend Anerkennung fand.
Für deren Schicksal interessiert sich der Film letzten Endes herzlich wenig – hätte man auf den spekulativen Fortgang der Geschichte verzichtet (hier also der verbitterte Maskenbildner, der aus lauter Undankbarkeit zum Mörder wird), wäre der Weg zu einer Hommage auf die Meister ihrer Zunft nicht mehr weit gewesen. So bleibt aber immer noch einer der kuriosen Auswüchse des 50er-Jahre-Drive-In-Kinos übrig und den gilt es dank Anolis‘ liebevoll-informativer Aufbereitung wieder zu entdecken. Heute faszinieren diese ollen Dinger eh als Dokumente ihrer Zeit, wobei dem Betrachter in diesem Fall sogar ein Blick hinter die Kameras gewährt wird. Und selbst wenn die typischen Begleitumstände einer solchen B-Movie-Produktion ausgespart bleiben, so bekommt der geneigte Zuschauer einen doch nicht uninteressanten Blick hinter die Kulissen im Horrorfilmgeschäft der späten 50er Jahre geboten. Und da war „American International Pictures“ ganz fleißig vertreten.
Auch wenn, wie in einer kurzen Einblendung zu sehen ist, der Schriftzug der 1956 gegründeten „American International Pictures“ den Studioeingang ziert, so handelt es sich hier keinesfalls um deren Studiogelände – ganz einfach, weil sie gar keins besaßen. Für ihre Dreharbeiten mieteten sich AIP immer kleinere Studios, so auch in diesem Fall, wo das Filmstudio gleich mal als Kulisse dient. Und da ist natürlich eine Menge los. Wir sehen Regisseure, Kameramänner, Wachleute, aber auch Cowboys, Piraten, Froschmänner und Revuegirls. Nebenbei wird noch eine Busladung Touristen zum Studiorundgang rangekarrt und man erfährt, dass im Atelier 8 gerade Szenen zu HORRORS OF THE BLACK MUSEUM (DAS SCHWARZE MUSUEM, 1959) gedreht werden. Bessere Werbung kann man für seine Filme – nämlich in den eigenen Filmen – nicht machen und so erblickte diese Herman-Cohen-Produktion etwa ein Jahr später unter der Regie von Arthur Crabtree mit dem wunderbaren Michael Gough das Licht der Leinwand.
Auch sonst hält man sich im Sinne der Eigenwerbung nicht mit Selbstzitaten zurück. Und so beschließt der renommierte, aber undankbarerweise aufs Altenteil geschobene Maskenbildner seine rachsüchtigen Pläne direkt unter den Kino-Aushangplakaten zu den beiden Vorgängerfilmen von DER SATAN MIT DEN 1000 MASKEN: zum einen der legendäre, von Gene Fowler Jr. inszenierte I WAS A TEENAGE WEREWOLF (1957, dt.: DER TOD HAT SCHWARZE KRALLEN), der sich mit Michael Landon in einer tragischen Hauptrolle als einer der ersten Horrorfilme direkt an ein jugendliches Publikum wandte und somit die Geschichte des Teenie-Horrors begründete, und zum anderen I WAS A TEENAGE FRANKENSTEIN, den B-Filmer Herbert L. Strock (GOG, 1954) im selben Jahr inszenierte.
DER SATAN MIT DEN 1000 MASKEN bildet nun als Film-im-Film den Abschluss der AIP-Teen-Horror-Trilogie. Wiederum entstanden unter der Regie von Herbert L. Strock, laut damaligem Werberatschlag ein „Meister filmischer Gruselmagie“. Hier befinden wir uns nun also mitten bei den Dreharbeiten zu einem TEENAGE WEREWOLF MEETS TEENAGE FRANKENSTEIN-Film, den es ja als solchen nie gegeben hat (was eigentlich schade ist), trotzdem kann man sich hier auf ein Wiedersehen mit beiden Monstern freuen. Von einer netten Szene, in der ihnen der Regisseur Anweisungen zu einem gemeinsamen Kampf erteilt, mal abgesehen, treten sie hier auch nicht gegeneinander an, sondern werden von dem enttäuschten Maskenbildner Pete Dumont lediglich als Werkzeug benutzt, um es den verhassten Studiobossen heimzuzahlen. Die Monster, die sie sonst auf der Leinwand verkörpern, werden für kurze Zeit real.
Wie in I WAS A TEENAGE FRANKENSTEIN verkörpert auch hier Gary Conway das Ungeheuer bzw. in diesem Fall den Schauspieler, der erst durch Dumonts Make-Up-Arbeit zum Monster wird. Michael Landon hatte dagegen keine Interesse mehr, erneut als Werwolf vor die Kamera zu treten und so übernahm Gary Clarke seinen Part. In beiden Fällen wurde übrigens das aus den vorherigen Filmen von Philip Scheer entworfene Monster-Design beibehalten, was die Wiedersehensfreude natürlich erhöht.
Im Finale ließ man sich für das damalige nach Horror und Nervenkitzel lechzende Publikum etwas besonderes einfallen: in den letzten Minuten erstrahlt, ähnlich wie in I WAS A TEENAGE FRANKENSTEIN und GIGANT DES GRAUENS, der billige Schwarz/Weiss-Grusler plötzlich in satten (anfangs etwas verwaschenen) Technicolor-Farben. Das sollte dann 1958 ein zusätzlicher Anreiz für das Publikum sein, um ein Kinoticket zu lösen – Farbfilme waren damals halt noch nicht selbstverständlich.
Im feurigen Farb-Finale sehen wir mit dem Besuch im Haus von Pete Dumont dessen „Kinder“: nämlich all die Masken, die er so im Laufe der Jahre angefertigt hat und nun in einer ganz speziellen Galerie des Grauens ausgestellt sind. Das bringt wiederum ein Wiedersehen mit den von Paul Blaisdell entworfenen Monstergestalten aus AIP’s Horrorfilm-Ära der späten 50er mit sich, in diesem Fall die von Edward L. Cahn inszenierten Heuler THE SHE-CREATURE (1956), INVASION OF THE SAUCERMAN und VOODOO WOMAN (beide 1957) sowie Roger Cormans Billigklassiker IT CONQUERED THE WORLD (1956). Schon allein deswegen lohnt sich das Anschauen von DER SATAN MIT DEN 1000 MASKEN.
DER SATAN MIT DEN 1000 MASKEN auf DVD:
Nach DAS GEHEIMNIS DES STEINERNEN MONSTERS und DIE RACHE DER SCHWARZEN SPINNE setzte Anolis Entertainment mit DER SATAN MIT DEN 1000 MASKEN die 10teilige DVD-Sammelreihe „Die Rückkehr der Galerie des Grauens“ fort. Die Veröffentlichung hier war der 10.11.2011. Der erste Titel, DAS GEHEIMNIS DES STEINERNEN MONSTERS mitsamt der Sammelbox, ist inzwischen ausverkauft und nur noch über Drittanbieter erhältlich. DER SATAN MIT DEN 1000 MASKEN ist dagegen noch ganz günstig bei Amazon Marketplace erhältlich.
Die wie immer tadellose DVD-Umsetzung von Anolis bietet auch hier die Möglichkeit, sich diesen ollen Monster-Heuler gleich mehrmals anzuschauen. Geboten wird neben der Originalfassung (70 Min.) noch die deutsche Fassung (68 Min.), die sich in erster Linie durch einen anderen Vorspann unterscheidet. Ein sehr informativer Audiokommentar von Rolf Giesen & Ivo Scheloske bietet das, was der eigentliche Film dem Zuschauer letzten Endes vorenthält: einen wirklichen Einblick in die Studio- und Filmpolitik im B-Movie-Kino der späten 50er Jahre. Ebenfalls interessant: der Original-Trailer wird mit einem kleinem Vorwort und Mini-Audiokommentar von Rick Baker geadelt. Die weiteren Extras laden zum durchstöbern ein: deutscher Trailer, deutscher + engl. Werberatschlag, eine Bildergalerie, ein sehr schön geschriebenes, informatives Booklet von Ingo Strecker – und den Ausblick auf die 4. Veröffentlichung innerhalb der „Rückkehr der Galerie des Grauens“: und zwar BESTIE DES GRAUENS! Aaaaarrrrggggghhhh!
- Als Gaststar tritt ein gewisser John Ashley auf, den wir aber bereits aus FRANKENSTEINS TOCHTER (1958, Richard E. Cunha) kennen und hier, umgeben von kurzberockten Hupfdohlen, eine Elvis-mäßige Gesangsnummer trällern darf. Produzent Herman Cohen gab sie ihm als Entschädigung dafür, das er die Hauptrolle in I WAS A TEENAGE WEREWOLF an Michael Landon verlor. Falls sein im Grunde genommen überflüssiger und nur als Pausenfüller dienender Gesangsauftritt die in der Filmhandlung verbreitete These, dass das Publikum nur noch Musikfilme sehen will, unterstützen soll, wird eben diese mit Ashleys späteren Karriereverlauf widerlegt: Anfang der 70er spielte er in Phillippinien-Horror wie DRAKAPA – DAS MONSTER MIT DER KRALLENHAND mit.
- „Doofer Trash. So dilettantisch, daß es kracht.“ (CINEMA)