Regie: Louis Leterrier / Musik: Ramin Djawadi / Kamera: Peter Menzies Jr. / Schnitt: Vincent Tabaillon, Martin Walsh / Ausf. Prod.: William Fay, Jon Jashni, Thomas Tull / Prod.: Kevin De La Noy, Basil Iwanyk / Buch: Travis Beacham, Phil Hay, Matt Manfredi, basierend auf dem Original-Drehbuch von Beverly Cross
Darsteller: Sam Worthington (Perseus), Liam Neeson (Zeus), Ralph Fiennes (Hades), Mads Mikkelsen (Draco), Jason Flemying (Calibos / Acrisius), Gemma Arterton (Io), Alexa Davalos (Andromeda), Nicholas Hoult (Eusebios), Polly Walker (Cassiopeia), Vincent Regan (Kepheus), Pete Postlethwaite (Spyros), Elizabeth McGovern (Marmara), Alexander Siddig (Hermes), Danny Huston (Poseidon), Jane March (Hestia), Luke Treadaway (Prokopion), Luke Evans (Apollo), Izabella Miko (Athena), Liam Cunningham (Solon), Hans Matheson (Ixas), William Houston (Ammon), Ross Mullan (Pemphredo), Robin Berry (Enyo), Tine Stapelfeldt (Danae), Graham Hughes (Deino), Martin McCann (Phaedrus), Rory McCann (Belo), Jamie Sives (Captain), Ian Whyte (Sheikh Sulieman), Nathalie Cox (Artemis), Agyness Deyn (Aphrodite), Natalia Vodianova (Medusa), sowie Ashraf Barhom, Mouloud Achour, Sinead Michael, Phil McKee, Geoffrey Beevers, Michael Grady-Hall, David Kennedy, Nina Young, Charlotte Comer u.a.
Und noch’n Remake. Diesmal hat man sich den KAMPF DER TITANEN vorgenommen. In freudiger Erinnerung ist der originale KAMPF DER TITANEN nicht nur durch seine Starbesetzung (darunter Laurence Olivier, Ursula Andress, Maggie Smith und Burgess Meredith) geblieben, sondern auch durch seine Spezialeffekte. Die liebevoll durch Handarbeit hergestellten Stop-Motion-Effekte der Tricklegende Ray Harryhausen mögen im Jahre 1981 anachronistisch gewesen sein, vielleicht auch ein wenig überholt, waren aber gerade deshalb so charmant und schön anzusehen. Fliegende Pferde und kämpfende Riesenskorpione hat man bis dato so noch nicht gesehen. Es war wie ein Abschied und Abgesang auf eine Trickepoche, wo doch gerade der Krieg der Sterne durch’s Kino tobte; für Harryhausen selbst war dies der letzte Film überhaupt, bei dem er seine Stop-Motion-Technik anwendete. Und diese ist auch nach all den Jahren allemal sehenswert, im Gegensatz zu dem, was heute manchmal alles so durch den Computer gewürgt wird.
Was zu einem gewissen Teil auch auf die Neuverfilmung von Louis Leterrier (TRANSPORTER 1 + 2; DER UNGLAUBLICHE HULK) zutrifft, die entsprechend zeitgemäß daher kommen will: schnell und rasant geschnitten, mit einem beachtlichen Aufwand, verschiedenen Schauplätzen, viel Computer-Brimborium und jeder Menge ausufernder Spezialeffekte. Big-Budget-Trash vom allerfeinsten und als solcher weit weniger schlecht als ich befürchtet habe. Bei Leterrier gibt es kaum einen Moment der Ruhe, bei ihm ist alles in Bewegung. Auf seine völlig übertriebene, überkandidelte Weise ist das Remake ähnlich trashig wie das 81er Original von Desmond Davis (der davor und danach fast ausschließlich für das Fernsehen arbeiten sollte), nur halt eben zeitgemäß trashig. Und so pushte man diesen KAMPF DER TITANEN nachträglich auf das gerade so angesagte 3D-Format auf, nicht zuletzt wegen des immensen Erfolges durch James Cameron’s AVATAR. Davon kann Leterrier hier aber überhaupt nicht profitieren.
Von AVATAR hat man sich auch gleich den Hauptdarsteller geholt: Sam Worthington (ROGUE), der nun anstelle von Harry Hamlin in der Rolle des Halbgottes Perseus zu sehen ist: bärbeißig, grimmig und mürrisch. Anhänger der griechischen Mythologie werden im groben einige der Legenden um ihn wieder entdecken:
Wie Perseus, kaum dass er auf der Welt war, umgebracht werden sollte, nachdem bekannt wurde, dass er ein Kind von Zeus war, er aber von einem Fischer gerettet wurde und bei den Menschen aufwuchs. Später sollte er das Haupt der Schlangenkopffrau Hydra, bei deren Anblick jeder Mann zu Stein erstarrt, erbeuten, Pegasus, das fliegende Ross zügeln und den Riesenkraken Keto töten, um Prinzessin Andromeda vor dem Opfertod bewahren. Die griechischen Helden- und Göttersagen mit all ihren Mythologien waren und sind schon immer ein Quell der unerschöpflichen Phantasie gewesen. Keine Phantasie, sondern schreckliche Realität ist, das die Griechen heute einfach nur pleite sind, aber das ist wieder eine ganz andere Geschichte…
Regisseur Leterrier und seine drei Drehbuchautoren bedienen sich äußerst frei dieser Motive, schwurbeln sie durcheinander und stellen die griechische Mythologie bisweilen gehörig auf den Kopf, was Puristen vor den selbigen stoßen dürfte.
Pure Phantasie in der Phantasie ist das Aufbegehren der Menschheit gegen die Götter, was sich Hades (Ralph Fiennes), der Gott der Unterwelt, der aus seiner Verbannung zurück gekehrt ist, zunutze macht. Er wickelt seinen Bruder Zeus (Liam Neeson) um den Finger, dieser lässt sich davon überzeugen, den Menschen eine Lektion zu erteilen. Im Olymp der Götter ist die Hölle los. Und auf Erden auch. Hilflos muss Perseus mit ansehen, wie seine Ziehfamilie (Pete Postlethwaite, Elizabeth McGovern) von Hades getötet wird. Mit einer tapferen Kriegerschar (darunter Mads Mikkelsen) und der Unterstützung der liebreizenden Io (Gemma Arterton) macht er sich auf in Richtung Unterwelt, wo sie u.a. gegen Riesenskorpione, den fiesen Calibos (Jason Flemyng) und die Schlangenkopffrau Hydra kämpfen. Bis Hades schließlich seinen Riesenkraken aus den Fluten des Meeres auferstehen lässt…
Wo die Götter grollen und die Kritiker murren … Bezeichnenderweise ist es in der ursprünglichen Mythologie Meeresgott Poseidon gewesen, der den Kraken Keto herbei rief. Werktreue ist eben nicht unbedingt das, was in Hollywood groß geschrieben wird.
Oberflächlich betrachtet kommt diese Neuverfilmung durchaus unterhaltsam und kurzweilig daher, aber das ist sie denn auch: oberflächlich. Desmond Davis‘ Original aus dem Jahre 1981 besticht heute vor allem durch seinen drolligen, naiven Charme, die Neuaufbereitung der Geschichte im modernen Gewand hat im Gegensatz zu vielen unnötigen Remakes der letzten Jahre durchaus eine Daseinsberechtigung gehabt. Das Endergebnis dürfte eher spalten als wirklich begeistern.
Vielleicht hätte man sich am ursprünglichen Drehbuch von Lawrence Kasdan halten sollen, was aber verworfen wurde, weil es mal wieder nicht „familienfreundlich“ genug war. Auch der eigentlich vorgesehene Regisseur Stephen Norrington wurde, natürlich im gegenseitigen Einvernehmen, ersetzt – und zwar durch den Franzosen Louis Leterrier, dessen Version denn auch so aussieht, als wollte man mal wieder nur das tricktechnisch Machbare demonstrieren anstatt wirklich eine Geschichte erzählen, so wie es ein Peter Jackson mit seiner HERR DER RINGE-Trilogie getan hat.
Und wo es fast einzig um die Effekte geht, findet sich hier tricktechnisch beeindruckendes genauso wie jener seelenlose CGI-Kram, der mal wieder zu aalglatt, zu künstlich aussieht, um wirklich begeistern zu können. Dann doch lieber Harryhausens charmant-rucklige Stop-Motion-Effekte, die für sich in Anspruch nehmen können, in echter Handarbeit entstanden zu sein. Als Negativbeispiel für gescheiterte Computereffekte sei hier die wie aus einem Videogame entfleuchte Computer-Medusa genannt, eine wahrhaftige Schlange von einer Frau. Wie wunderschön (und vor allem gruslig) ist dagegen Harryhausen’s Medusa aus dem Original anzusehen!
Die Riesenskorpione kommen dagegen sehr gut rüber, diese werden denn auch äußerst vielfältig eingesetzt: Wo man noch mit ihnen im Kampfgetümmel lag (von Leterrier atemberaubend schnell inszeniert), dienen sie wenig später, nach dem Arrangement mit knorrigen Baumrinden-Dschinns, als Fortbewegungsmittel. Flexibel muss der Mensch sein. Zum Schluss dann erhebt sich ein echter Brocken von einem Kraken aus dem Meere, der größte, den die Filmgeschichte jemals zu sehen bekam, so gigantisch, dass man ihn in seiner Ganzheit nie zu Gesicht bekommt. Was aber den ganzen Film über groß und breit angekündigt wurde ist schließlich genauso schnell vorbei wie die finale Auseinandersetzung zwischen Perseus und Haderlump Hades.
Die eindringlichsten Momente sind denn auch die, wo die Action mal für einen Moment inne hält, besonders wenn die Helden eintauchen in die Unterwelt, die entsprechend düster und unheimlich gestaltet wurde. Bei der mit Passagiergold gefüllten Fähre von Charon und der Fahrt über den Styx punktet Leterrier mit einer schön schaurigen Gruselatmosphäre, während unter den zahlreichen gelungenen Masken und Make-up-Effekten ganz besonders der grotesk-bizarre Auftritt der stygischen Monsterhexen, die allesamt durch ein Auge sehen können (PANS LABYRINTH lässt herzlich grüßen), in Erinnerung bleibt.
Und dann wieder zählen die Momente ohne Spezialeffekte mit zu den visuell am nachhaltigsten (obwohl es auch hier wahrscheinlich kaum eine Szene geben dürfte, die nicht nachträglich am Rechner bearbeitet wurde), zumindest profitiert die Neuverfilmung von den vielfältigen Außenaufnahmen (u.a. die Kanaren, Äthopien, Tenerifa und Lanazarote), von denen Leterrier sich denn auch einige prächtige Landschaftsaufnahmen zunutze machen konnte. Du gehst ins Kino und bist im Urlaub, so muss das sein.
Am negativsten stößt aber auf, dass man sich quasi über Nacht entschied, diesen KAMPF DER TITANEN im 3D-Format laufen zu lassen, was man denn auch in der schlampigen Umsetzung sieht: Wo sich ein Cameron gleich mehrere Jahre lang Zeit ließ, wirkt das nachträgliche Einfügen des 3D-Effekts hier entsprechend lieblos und ohne Tiefenwirkung. Da hat man wirklich die Brille auf. Es scheint so, als wollten die Produzenten mal wieder nur von einem populären Trend profitieren.
Im Trend scheint auch Sam Worthington zu sein, der nach TERMINATOR SALVATION und AVATAR zum dritten Mal hintereinander in einem Action-Blockbuster zu sehen ist. Während Harry Hamlin Perseus damals als Held mit romantischen Zügen verkörperte, gibt sich Worthington mürrisch und stoisch; der ewige Fischerfritze, der von seinem Halbgott-Dasein nichts wissen möchte, nie ein Schwert in der Hand halten will und nur der Rache wegen in den Kampf zieht – seine eigene Motivation, die aber mit dem mythologischen Hintergrund von Perseus‘ Figur nichts mehr zu tun hat.
Von den Kriegern, die ihn begleiten, allesamt harte, gestählte Männer (die Schwuppen dagegen werden es schade finden, dass sich die Männerrock-Mode von damals nicht durchgesetzt hat), bleiben aber nur der wie immer charismatische CASINO ROYALE-Schurke Mads Mikkelsen als Draco und Nicholas Hoult (aktuell auch im gefeierten Drama THE SINGLE MAN zu sehen) als Milchbubi Eusebios in Erinnerung. Natürlich sind all die Charaktere hier nur sehr schemenhaft ausgearbeitet, was sich vor allem dann äußert, wenn einer von ihnen den Tod erleidet: sowohl bei den übrigen Figuren als auch beim Publikum geraten sie schnell in Vergessenheit. Was auch kein Wunder ist, wenn man sich kurz darauf im nächsten Action-Getümmel wiederfindet. Andere Charaktere dagegen erfüllen einfach keinen Zweck und erscheinen überflüssig, wie die beiden verkrampft lustigen Jägertürken, die offenbar nur als Comedy-Reliefs engagiert wurden, allerdings kaum etwas beitragen, aus der Handlung verschwinden, um am Ende kalauernd und feixend wieder aufzutauchen.
Andromeda (Alexa Davalos) wäre auch fast in Vergessenheit geraten, würde sie nicht im Finale als Opferlamm herhalten müssen, während ihre Mutter, die eitle Cassiopeia (die aus ROM bekannte Polly Walker), die es doch gewagt hat, die Götter in Frage zu stellen, von Hades in eine alte, hässliche Schabracke verwandelt wird.
Durchaus beeindruckend, was für eine große Besetzung bis in die kleinsten Nebenrollen hinein (Jason Flemyng, Pete Postlethwaite, Elizabeth McGovern) hier engagiert wurde – leider werden die meisten Stars schlichtweg verheizt.
Am meisten können noch Liam Neeson und Ralph Fiennes als die sich später zankenden Götter-Brüder profilieren: Neeson ist in seinem Disco-Glitzerfummel-Outfit freiwillig unfreiwillig komisch, während der sich durch den Film röchelnde Fiennes (kongenial synchronisiert von seinem langjährigem Stammsprecher Udo Schenk) als formidabler Schurke gut in eine Harry-Potter-Szenarie passen würde.
Die übrigen Götter-Darsteller dürften dagegen nicht gerade erfreut sein, dass von ihren Auftritten kaum mehr als ein paar sekundenlange Dialogfetzen übrig geblieben sind: Alexander Siddig (Dr. Bashir aus STAR TREK – DEEP SPACE NINE), Danny Huston (30 DAYS OF NIGHT) und die 90er-Jahre-Erotikfilm-Actrice Jane March (bekannt aus DER LIEBHABER und dem Bruce-Willis-Flop COLOR OF NIGHT) sind als Hermes, Poseidon und Hestia wirklich nur sehr kurz dabei. Zwangsläufig stellt sich dabei die Frage, wie viel von Leterriers ursprünglicher Fassung der Kinoversion zum Opfer fiel, um schon jetzt für die DVD-Auswertung mit dem allzu gebräuchlichen „Director’s Cut“-Etikett nochmals Kohle zu scheffeln.
Was im Endeffekt bleibt ist, trotz (oder wegen) aller Kritikpunkte, ein immer noch unterhaltsames, trashiges Fantasy-Action-Abenteuer, das aber alles, was mit griechischer Mythologie zu tun, herzlich wenig zu tun hat. Letzten Endes werden im Episodenstil auch nur diverse Action-Situationen abgehakt: hier ein Kampf, dort eine Gefahr, da ein Monsterauftritt. Die Daseinsberechtigung dieses Remakes bestand insofern darin, in dem man die dramaturgischen Schwächen der Erstverfilmung von 1981 beseitigt hätte – aber irgendwie hat man hier noch alles viel schlimmer gemacht. Schade eigentlich. So blieb nur ein Insider-Gag für die Fans des Originalfilms übrig: ein kurzes Wiedersehen mit Bubo, der mechanischen Eule.
Zwei Jahre später inszenierte Jonathan Liebesman die Fortsetzung ZORN DER TITANEN.
- „«Clash of the Titans» funktioniert denn auch in erster Linie als Überwältigungskino. Das sieht toll aus (auch wenn man alle paar Der Film Minuten an die dünne Story erinnert wird). Und interessanter noch: steht genau an der Schnittstelle zwischen digitaler 3D-Zukunft und handwerklicher Vergangenheit.“ (Hans Jürg Zinsli, BERNER ZEITUNG)
- „Die Neuversion ist so seelenlos wie die alte, präsentiert uns aber einmal mehr das ganze Arsenal der derzeitigen Tricktechnologie.[…] So geht es neumodischen Spielereien: Sie sind morgen schon der Plunder von gestern. Auch „Kampf der Titanen ’10“ wird dieses Los ereilen… […]“ (Peter Zander, WELT ONLINE)
- „Knalliges Bombastmärchen, das trotz einiger mäßiger Effekte herrlich sinnfreie Unterhaltung beschert.“ (CINEMA)
knappe 6/10