BUBBA HO-TEP
USA 2002 / O: „Bubba Ho-tep“ / Prod.: Silver Sphere / Länge: 88 Min.
Regie + Buch: Don Coscarelli / Musik: Brian Tyler / Kamera: Adam Janeiro / Schnitt: Scott J. Gill, Donald Milne / Ausf. Prod.: Dac Coscarelli / Prod.: Don Coscarelli, Jason R. Savage / LV: Joe R. Londsdale / Spezialeffekte: KNB
Darsteller: Bruce Campbell (Elvis), Ossie Davis (Jack), Ella Joyce (die Krankenschwester), Heidi Marnhout (Callie), Bob Ivy (Bubba Ho-tep), Edith Jefferson (ältere Frau), Larry Pennell (Kemosabe), Reggie Bannister (Pflegeheim-Manager), Daniel Roebuck & Daniel Schweiger (Leichenwagen-Fahrer), Harrison Young (Elvis’ Zimmergenosse) sowie Linda Flammer, Cean Okada, Solange Morand, Chuck Williams, Timothy E. Goodwin, James Maley, Bruce Rawitz u.a.
Geschichten, die das Leben schreibt:
Elvis Presley ist gar nicht gestorben. Er betreibt auch kein Anglergeschäft in Wisconsin, wie manchmal behauptet wird. Elvis Presley lebt als über 70jähriger in einem Altenpflegeheim in Texas. Vergessen und allein vegetiert er in seinem Bett vor sich hin. Ein krebsartiges Geschwür an seinem Penis macht ihn zu schaffen. Wie es dazu kommen konnte? Das der King of Rock ’N Roll einmal so endet? Nun, es war vor vielen Jahren, als er seines Lebens überdrüssig war und es mit dem eines Elvis-Imitatoren eintauschte. Der verstarb allerdings ganz plötzlich und so gibt es für ihn kein Zurück mehr… – aus dem Krankenbett im Altenpflegeheim. Elvis’ einziger Freund ist Jack, der sich trotz seiner schwarzen Hautfarbe für John F. Kennedy hält. Das dieser eigentlich ein Weißer war, erklärt Jack so: „Diese Leute haben mich so eingefärbt! Gibt es einen besseren Weg die Wahrheit zu vertuschen als diesen?“Doch dann treibt ausgerechnet in jenem Pflegeheim eine 4000 Jahre alte Mumie, die den Bewohnern die Seele aussaugt, ihr Unwesen. Das lassen sich zwei wie Elvis Presley und John F. Kennedy natürlich nicht gefallen. Man findet neuen Lebensmut, rappelt sich aus dem Bett, stellt sich dem unsanften Pflegepersonal entgegen und nimmt mit aller entschlossener Kraft den Kampf gegen die Mumie auf…
Aufstand der Alten
Das sind auch Geschichten, die das Leben schreibt: 5 Jahre nach seiner Entstehungszeit findet dieses kostbare Genre-Juwel auch bei uns die lang ersehnte Veröffentlichung. Unverständlich, warum man uns BUBBA HO-TEP so lange verwehrte. Was aber auch nur die verneinenden Köpfe der mächtigen Film-Bosse widerspiegelt, als Don Coscarelli (PHANTASM) sein originelles Konzept bei den großen Hollywood-Studios vorstellte – natürlich umsonst. Nun, im Nachhinein zeigt sich einmal mehr, das die kleinen Independent- und Low-Budget-Produktionen eben auch die innovativeren sind, vielleicht, weil wenig Geld dazu anspornt, erfinderisch und kreativ zu sein, ganz sicher aber auch, weil gute Ideen kein Multi-Millionen-Dollar-Budget nötig haben. Warum die großen Studios mit so einem tollen Stoff nichts anfangen konnten? Weil ganz besonders sie der ewige Jugendwahn befallen hat. Es fehlten halt die üblichen Teenager. Doch gerade das macht BUBBA HO-TEP so erfrischend und so unvergesslich: hier stehen zwei ältere Menschen im Vordergrund.
Der vielleicht ungewöhnlichste aller Mumien-Filme, in dem die Mumie selbst gar nicht im Mittelpunkt steht. Der Horror-Aspekt steht dabei also weniger im Vordergrund, es wäre ja auch langweilig gewesen, wenn man uns nur eine weitere Mumien-Posse vorgesetzt hätte. Er lässt sich nicht so recht einordnen: Ein Drama? Eine Komödie? Ein Horrorfilm? Nun, wenn mich einer fragt, worum es in BUBBA HO-TEP geht, würde ich antworten: „Der Film handelt von alten Menschen“.
Trotz (und auch wegen) seiner verrückten, bizarren Geschichte mit ihren vielen skurrilen Szenen, bringt Coscarelli jene ernsthaften Momente so überzeugend zum Ausdruck, die bei einer Thematik wie eben „Alte Menschen im Pflegeheim“ angebracht sind: und das wäre neben den düsteren Themen mit einem sehr nachdenklichen Elvis auch viel menschliche Wärme. Etwas, was in Pflegeheimen größtenteils verloren gegangen ist.
BUBBA HO-TEP ist ein absoluter Glücksgriff. Er ist klug, witzig, nachdenklich, angenehm sentimental und so wunderbar einfühlsam. Dank seinen beiden phänomenalen Hauptdarstellern. Bruce Campbell als gealterter Elvis kann man nur so umschreiben: einfach genial! Eine würdevolle Darstellung, die den King of Rock N’ Roll mit Kostüm und Gehhilfe nie ins lächerliche gleiten lässt. Ob nun der ans Bett gefesselte Elvis im Schlafanzug oder der in Rückblenden zu sehende Elvis in jüngeren Jahren, wo Campbell so umwerfend und cool aussieht: Dieser Mann besitzt eine Wandlungsfähigkeit, daß man sich fragt, warum er nicht öfter im Kino zu erleben ist, sieht man mal von seinen herrlichen Cameos in den drei SPIDERMAN-Filmen seines alten Kumpels Sam Raimi ab. Nicht weniger hinreißend agiert Ossie Davis (1917 – 2005), bei dessen ebenfalls glaubwürdiger Darstellung keinerlei Zweifel aufkommen, daß es sich bei ihm nicht um JFK handelt. Wie sehr diese beiden großartigen Schauspieler harmonieren zeigt sich darin, daß Davis, der zum Zeitpunkt der Dreharbeiten 84 war, doppelt so alt ist wie Campbell, aber als Kennedy viel munterer, aufgeweckter und agiler ist als der völlig kaputte Elvis.
Das es den Machern rund um den kompetenten Don Coscarelli nicht erlaubt war, Elvis-Songs zu benutzen, tut dem Vergnügen keinen Abbruch, denn auch musikalisch ist BUBBA HO-TEP dank des tollen Soundtracks von Brian Tyler (er spielt alle Instrumente selbst!) ein absoluter Genuss. Bleibt noch zu sagen, daß mir persönlich etwas schludrig mit dem viel gepriesenen Begriff „Kultfilm“ umgegangen wird. Doch BUBBA HO-TEP hat ihn sich wirklich und wahrhaftig verdient. Die letzten Worte von Elvis Presley bringen noch einmal die Kernaussage des Films zum Ausdruck: „Aber ich habe immer noch eine Seele. Meine Seele. Nur meine Seele.“
- Eine kleine Rolle bedachte Don Coscarelli mit PHANTASM-Veteran Reggie Bannister: Er spielt den Heimleiter.
- „Einfühlsame Studie über das Alter oder völlig durchgeknalltes B-Movie? Diese Indie-Filmperle ist beides!“ (Alex Attimonelli, CINEMA 07/07)