Regie: Sam Raimi / Musik: Christopher Young / Kamera: Peter Deming / Schnitt: Bob Murawski / Ausf. Prod.: Joe Drake, Nathan Kahane / Co-Prod.: Ivan Raimi, Cristen Carr Strubbe / Prod.: Rob Tapert, Grant Curtis / Buch: Sam Raimi & Ivan Raimi / Make-Up-Effekte: Howard Berger, Greg Nicotero / Visuelle Effekte: Bruce Jones
Darsteller: Alison Lohman (Christine Brown), Justin Long (Clay Dalton), Lorna Raver (Sylvia Ganush), Dileep Rao (Rham Jas), David Paymer (Mr. Jacks), Adriana Barraza (Shaun San Dena), Chelcie Ross (Leonard Dalton), Molly Cheek (Trudy Dalton), Reggie Lee (Stu Rubin), Bojana Novakovic (Ilenka Ganush), Kevin Foster (Milos), Ted Raimi (Doktor) sowie Alexis Cruz, Ruth Livier, Shiloh Selassie, Flor de Maria Chahua, Ricardo Molina, Fernanda Romero, Joanne Baron, Christopher Young, Scott Spiegel u.a.
Da war der jungen Bankangestellten Christine Brown (Alison Lohman) die eigene Karriere doch wichtiger gewesen als das Schicksal einer alten Frau. Verführerisch hat er auf sie eingewirkt, ihr neuer Posten als stellvertretende Filialleiterin: Um bei ihrem Chef (David Paymer) die heiß ersehnte Beförderung zu erreichen und einen schleimigen Mitbewerber (Reggie Lee) auszubooten, schmettert sie das Bitten und Flehen dieser alten, seltsamen Frau (Lorna Raver) um Kreditaufschub, wenn auch schweren Herzens, ab. Was eben zur Folge hat, dass Sylvia Ganush, so der Name der Greisin, ihr Haus verliert und fortan auf der Straße sitzt. Doch es wird noch ganz andere Folgen haben: für Christine, die von der Zigeunerin mit einem Fluch belegt wird. Fortan wird sie von Dämonen und fiesen Horrorvisionen heimgesucht, was sie ihrem Freund Clay (Justin Long, JEEPERS CREEPERS) erstmal beweisen muss. Christine’s Leben ist nun ein einziger Höllenschlund, drei Tage hat sie Zeit, dann wird sie in ihn hineingezogen – es sein denn, es gelingt ihr, den Fluch zu brechen…
Ob EVIL DEAD IV jemals kommen wird, darf inzwischen bezweifelt werden, dafür kehrte Sam Raimi 2009 mit DRAG ME TO HELL endlich zu den Horror-Wurzeln zurück, die seine Karriere begründeten. Und das wurde auch Zeit, denn man soll ja nie vergessen, wo man herkommt.
Sam Raimi’s letzter Horrorfilm THE GIFT (2000), ein subtil vorgetragenes Mysterystück um Todesvisionen, war nicht unbedingt das, was den Erwartungen seiner Fans entsprach. Danach widmete er sich als Regisseur bekanntermaßen der SPIDERMAN-Trilogie, die im Gegensatz zu seinen legendären Frühwerken vielen wohl als etwas zu politisch korrekt ablief.
Dem Horrorgenre blieb Raimi zwar treu, wenn auch nur als Produzent, wo er in dieser Funktion mit seinem langjährigen Wegbegleiter Robert G. Tapert 2004 „Ghost House Pictures“ auf die Beine stellte. Dieser Produktionsschmiede haben wir nicht nur das Remake THE GRUDGE (2004) und den Böser-Mann-Grusel BOOGEYMAN (2005), beide mit jeweils 2 Fortsetzungen bedacht, und den Spukhausfilm THE MESSENGERS (2007) zu verdanken, sondern auch den harten Vampir-Horror 30 DAYS TO NIGHT (2007). Letzterer war bis jetzt das Beste, was Ghoust House Pictures hervor brachte – wie gesagt: bis jetzt. Denn DRAG ME TO HELL macht 30 DAYS TO NIGHT diesen Titel streitig.
Fiese Effekte, schwarzer Humor, wohl platzierte Schocks – Sam Raimi zeigt, dass er es noch drauf hat und lässt in Sachen Tempo, Timing und Ideenreichtum so manchen unmotivierten Jungregisseur von heute alt aussehen. Und es ist schön zu sehen, dass Raimis Handschrift nach dem Blockbuster-Rummel um SPIDERMAN noch so klar und deutlich zu erkennen ist. Eine eigene Handschrift – auch etwas, wovon so mancher Regisseur träumt.
Es gibt viele Momente und Szenen, die an TANZ DER TEUFEL II (1987) und ARMEE DER FINSTERNIS (1993) erinnern, etwa im Parkhaus, wo Christine mit der Zigeuner-Hexe kämpft und die jüngere Frau der älteren ein Messer in den Mund rammt, was diese mit Röcheln und Husten quittiert. In TANZ DER TEUFEL II war es ein heraus geflutschter Augapfel, der im Rachenraum einer Dame landete, was ebenfalls ein Röcheln und Husten zur Folge hatte. Oder die kichernde Tasse, die vom Dämonenwahn getrieben sich selbst gegen die Wand schmettert und einer der verbliebenen Gegenstände aus TANZ DER TEUFEL II sein könnte, die schon Bruce Campbell in den Wahnsinn trieb. Sam Raimi zeigt, was für ein Ausmaß so ein Fluch haben kann und schubst die adrette Bankangestellte Alison Lohman auf dem Friedhof in das von ihr ausgebuddelte Grab, wo sie in Regen und Schlamm mit einer Leiche zu kämpfen hat. Was Alison Lohman hier durchmachen muss, wenn sich sogar ihre eigene Wohnungseinrichtung gegen sie wendet, könnte auch einer der verhängnisvollen Auswirkungen sein, die der gute, alte Bruce in seligen TANZ DER TEUFEL-Tagen (ja, damals war’s) herauf beschwor, als er nichts ahnend das Necronomicon aufklappte.
Sicherlich dürften Sam Raimi die ewigen Vergleiche mit der EVIL DEAD-Trilogie mit der Folge, immer nur darauf angesprochen, schlimmstenfalls reduziert zu werden, genug genervt haben, weswegen er ja Filme wie die tolle Mordballade EIN EINFACHER PLAN (1998) und den oben erwähnten THE GIFT drehte. Um eben nicht festgelegt werden. Als Regisseur will man sich ja auch weiter entwickeln, mal was anderes machen.
Gerade deshalb ist Raimi’s Rückbesinnung auf seine Horror-Wurzeln umso begrüßenswerter. Sicher wird vielen DRAG ME TO HELL nicht blutig genug sein; die nette Blutkotzszene, in der Christine ihren Chef vollsudelt, ist hier der einzige Moment, wo der rote Lebenssaft reichhaltig fliest. Vielleicht musste Raimi sich den Vorgaben von Universal Pictures, nämlich das ein Film mit verminderten Blut- und Gewaltgehalt eben mehr Chancen an der Kinokasse hat, beugen, außerdem hat ja so ein großes, seriöses Studio noch einen Ruf zu wahren. Wer Blutbäder á la TANZ DER TEUFEL II und BRAINDEAD erwartet, wird vielleicht enttäuscht sein, doch behaupte ich einfach mal: wer diese beiden Filme mag, wird auch bei DRAG ME TO HELL seine Freude haben. Vielleicht hatte Raimi ein Gorefest gar nicht im Sinn gehabt, jedenfalls funktioniert sein rasantes Dämonen- und Geisterspektakel auch ohne blutige Zugaben. Was für drastische Konsequenzen all das haben kann, zeigt sich, als Christine ihr kleines, süßes Kätzchen opfert (eine Szene, in der die Kamera verständlicherweise wegblendet), in der Hoffnung, dem Fluch zu entgehen.
Rein effektmäßig kann Raimi aus den Vollen schöpfen, nicht zuletzt wegen der großzügigen Budgets, die ihm seit dem Erfolg mit SPIDERMAN inzwischen zur Verfügung stehen. Neben den bewährten Make-Up-Händen der Spezialisten Nicotero & Berger setzte er auch auf CGI-Effekte. Sicher wäre ohne sie das eine oder andere gar nicht zu realisieren gewesen, doch speziell in jener missglückten Szene, in der das zermatschte Gesicht des Hexendämons mitsamt den hervorschnellenden Augäpfeln in das Gesicht von Alison Lohman klatscht, weiß man die gute, alte Handarbeit umso mehr zu schätzen. Im großen und ganzen funktioniert die Effektmaschinerie hier ausgezeichnet, so dass man DRAG ME TO HELL uneingeschränkt als effektvolle Horror-Achterbahnfahrt empfehlen kann. Dabei ist Raimi genug Handwerker, um sich nicht von alles dominierenden Effekten untergraben zu lassen, so spielend leicht, wie es ihm gelingt, selbst altbekannte Situationen neu aussehen zu lassen: Das im Wagen auf der Rückbank hinter dir jemand sitzt, der dir an den Kragen will, wurde nicht nur einmal in der Filmgeschichte gezeigt (etwa in der tollen Eröffnungsszene von DÜSTERE LEGENDEN), doch kann Raimi auch diesem alten Hut noch etwas Überraschendes abgewinnen.
Für meinen schlechten Geschmack ist dies hier einer der besten Horrorfilme des Jahres 2009.
7,5/10