Regie, Produzent + Buch: Michael Feifer / Musik: Glenn Morrissette / Kamera: Roberto Schein / Schnitt: Bryan Roberts / Ausf. Prod.: Barry Barnholtz
Darsteller: Kane Hodder (Ed Gein), Shawn Hoffman (Bobby Mason), Adrienne Frantz (Erica), Michael Berryman (Jack), Priscilla Barnes (Vera Mason), Tim Oman (Sheriff), Caia Coley (Sue Layton), John Burke (Rick Layton) sowie Matteo Indelicato, Stan Bly, Deborah Flora, Kendal Sheppard, Mike Korich, Jay Wilkins, Sean Stanek, Samm Enman, Kevin Linell, Reed Hodder
Seien wir doch froh, dass es diesen Ed Gein aus Wisconsin gab, der mit seinen Taten Inspirationsquelle für diverse Leinwandikonen wurde und, mehr oder weniger, Vorbildcharakter für solch prominente Zeitgenossen wie Norman Bates (PSYCHO), Leatherface (TEXAS CHAINSAW MASSACRE) und Buffallo Bill (DAS SCHWEIGEN DER LÄMMER) war.
Ed Geins krankhaftes Verhalten begann, als seine Mutter, zu der er eine sehr emotionale Bindung hatte, verstarb und er fortan allein auf der heruntergekommenen, abgelegenen Farm in der Nähe von Plainfield, Wisconsin, lebte, wo er schließlich Gräber schändete und aus vornehmlich weiblichen Leichenteilen Kleidungsstücke, Möbelstücke und Gesichtsmasken anfertigte. 1957 fand die Polizei seine Sammlung, als sie in Zusammenhang eines Vermisstenfalls seine Farm überprüfte und ihn den Mord an zumindest zwei Frauen nachweisen konnte; die restlichen Frauen hatte er aus dem nahe gelegenen Friedhof ausgegraben und verstümmelt.
Ob nun diese Aufarbeitung aus dem Hause Lionsgate wirklich sein musste, sei einmal dahingestellt, gab es doch schon 2000 mit ED GEIN – THE WISCONSIN SERIAL KILLER von Chuck Parello eine Verfilmung (die Erste, wohlgemerkt) des tatsächlichen Falls, in dem Steve Railsback den Psychopathen beeindruckend intensiv darstellte. In Michael Feifer’s ED GEIN – THE BUTCHER OF PLAINFIELD schlüpft nun der hünenhafte Jason-Darsteller Kane Hodder (WISHMASTER; HATCHET), der den Macheten schwingenden Killer vom Camp Crystal in insgesamt vier FREITAG, DER 13.-Filmen darstellte (FREITAG, DER 13. TEIL VII – JASON IM BLUTRAUSCH; FREITAG, DER 13. TEIL VIII – TODESFALLE MANHATTAN; JASON GOES TO HELL; JASON X), bevor er im Crossover FREDDY VS. JASON2003 von Stuntmen-Kollege Ken Kirzinger abgelöst wurde, in die Titelrolle. Ungeachtet seiner schauspielerischen Fähigkeiten hat Hodder von der physischen Gestalt her so gar nichts mit Ed Gein gemein, aber hier geht es auch nicht um eine originalgetreue und authentische Wiedergabe von Fakten und Tatsachen, sondern eher um die erneute Ausbeutung und Ausschlachtung eines der berühmtesten Kriminalfälle in der Menschheitsgeschichte. Hat man sich einmal an diesen Gedanken gewöhnt, macht sich Ernüchterung und Enttäuschung breit. Das fängt schon mit der Fehlbesetzung der Hauptrolle an.
Im Gegensatz zum großartigen Railsback, der Gein als verschrobenen, undurchschaubaren und verklemmten Einsiedler porträtierte, schafft es Hodder mit seiner bulligen Darstellung in keinster Weise, den Zuschauer diese Figur emotional näher zu bringen. Man möchte ihm seine Mühe, diesem psychopathischen, komplexen und schizophrenen Charakter Leben einzuhauchen, gar nicht mal abstreiten, aber meistens hat man dann doch das Gefühl, das man hier nicht Ed Gein, sondern Jason Vorheers (nur eben ohne Hockeymaske) oder seinen HATCHET-Charakter Victor Crowley vor Augen hat. Wie eine plumpe Killermaschine bringt er jeden um die Ecke, der sich ihm in den Weg stellt oder nicht in den Kram passt. So z.B. Gaststar Michael Berrymann, der leider mal wieder viel zu kurz dabei ist und als Geins Kumpel, der mit ihm auf dem Friedhof Gräber aushebt und Leichen schändet, den markanten Glatzkopf mit dem Spaten eingedroschen bekommt. Im Nachhinein wird man das Gefühl nicht los, dass ein Rollentausch dem Film besser bekommen wäre: Berrymann als Ed Gein und Hodder als dessen Friedhofs-Geselle.
Natürlich trifft Hodder nicht allein die Schuld, wird er doch zum größten Teil von Regisseur und Autor Michael Feifer im Stich gelassen. Der verplempert kostbare Zeit mit einer trägen Nebenhandlung, die den frisch gebackenen Deputy Bobby Mason (Shawn Hoffman, DOME 4) in den Mittelpunkt rückt. Dessen argloses Leben gerät jäh aus den Fugen, als sowohl seine Mutter (Priscilla Barnes, THE DEVIL’S REJECTS) als auch seine Freundin (Adrienne Frantz) mit einem Mal spurlos verschwinden. Jene zähflüssig geschilderten Ereignisse kommen kaum über ein betuliches TV-Niveau heraus, zudem nervt Feifer mit ärgerlichen Seifenopern-Platitüden. Anstatt den Fällen spurlos verschwundener Frauen nachzugehen und, im Fall einer vermissten Bardame, eine mit dreckigen Fingerabdrücken versehene Flasche als Beweismaterial abzuliefern, hat er nichts besseres zu tun, als sich mit seiner Uschi im Polizeiwagen einen Ausflug zu genehmigen. Der endet nach einem Crash irgendwo im Straßengraben, die Uschi wird, während Bobby Hilfe holt, von Ed Gein aufgelesen. Mit dem örtlichen Polizeikommando im Rücken liegt es nun an ihm, sie aus seinen Fängen zu befreien.
Derartige Belanglosigkeiten beweisen, das Feifer nicht daran gelegen ist, sich mit Ed Gein’s Psyche zu beschäftigen oder er einfach nicht in der Lage dazu ist. Dann soll er es lieber ganz sein lassen. Zwei, drei Flashbacks, in denen Gein in anderen weiblichen Personen seine tote Mutter zu ihm sprechen sieht („Du musst fleißig essen, damit du groß und stark wirst wie dein Daddy!“) reichen da ebenso wenig wie einige wenige Splatterszenen mit Alibi-Funktion, in den er seine Opfer malträtiert und bearbeitet. Chuck Parello kam in ED GEIN – THE WISCONSIN SERIAL KILLER fast ohne solche blutige Momente aus und versprühte gerade dadurch weitaus mehr Intensität. Feifer versagt aber auch an anderen Stellen, so kommt auch die hier dargestellte amerikanische Provinz der späten 50er Jahre wenig glaubwürdig herüber. Ein paar olle Polizeiautos und halbherzig arrangierte Accessoires – damit ist es nicht getan.
- Wenn Kane Hodder mal kurz oberkörperfrei agiert, kann man immerhin mal sehen, wie sein Körper nach all den harten Stuntmen-Jahren, speziell nach seinem verhängnisvollen Brandunfall in den 80ern, in Mitleidenschaft gezogen wurde. Aber das ist hier eindeutig zu wenig. Den deutschen, ziemlich dreisten Untertitel hätte man sich getrost sparen können!
- Die deutsche DVD aus dem Hause MIG / Eurovideo bietet als Extras Deleted Scenes (11 Min.), eine Bildergalerie und einen leider nicht untertitelten Audiokommentar mit Michael Feifer und Kane Hodder. Zudem gibt es noch auf dem DVD-Rom-Teil eine Demo-Version des PC-Spiels „Kabus 22“.
- Kane Hodder und sein Opfer Adrienne Frantz sah man auch wieder in der Horrorkomödie HACK! (2007). Die Welt ist ein Dorf.
- „Wenn man sich erst einmal von dem Gedanken gelöst hat, eine realistische Verfilmung von Ed’s Leben zu sehen, und sich darauf einlassen kann, „nur“ einen Horrorfilm zu betrachten, wird man mit diesen ED GEIN durchaus gut unterhalten.“ (Olaf Brinkmann, DEADLINE 02/2008)
5/10