DIE GNADENLOSEN KILLER
USA 1960 (s/w) / O: "Ma Barker's Killer Brood" / Laufzeit auf DVD: 85 Min. (Originalfassung); 79 Min. (deutsche Fassung)
Regie: Bill Karn / Musik: Gene Kauer [als Guenther Kauer] / Kamera: Clark Ramsey / Prod.: William J. Faris / Buch: F. Paul Hall
Lurene Tuttle (Kata "Ma" Barker), Eric Morris (Fred Barker), Rex Holman [als Roye Baker] (Lloyd Barker), Ronald Foster ("Doc" Barker), Donald Spruance (Herman Barker), Tristram Coffin (Arthur Dunlop), Paul Dubov (Alvin Karpis), Nelson Leigh (George Barker), Myrna Dell (Lou), Victor Lundin (Machine Gun Kelly), Byron Foulger (Dr. Guelffe), Eric Sinclair (Dillinger), Robert Kendall (Baby Face Nelson), Irene Windust (Mrs. Khortney), John McNamara (Mr. Khortney), Charles Tannen (Sheriff), Michael Smith (Fred als Junge), Donald Towers (Lloyd als Junge), Gary Amman (Doc als Junge), Don Grady (Herman als Junge) sowie Dan Riss, David Karlile, Dan White, Riley Hill, Owen Bush, Bernard Pludow u.a.
Die Reihe „Drive In Classics“ des kleinen Labels Subkultur Entertainment bietet sich gerade dazu an B-Movies, vergessene Filmperlen und andere Raritäten aus längst vergangenen (Auto-) Kinozeiten wieder zu entdecken. Nach dem Roger-Corman-Klassiker GESANDTER DES GRAUENS und dem phantastisch angehauchtem Mad-Scientist-Thriller DER 4D-MANN wagt man sich mit der dritten Veröffentlichung DIE GNADENLOSEN KILLER an den Gangster- und Ganovenfilm. Das Wiederentdecken dieser alten Filmchen ist ein faszinierendes, lohnendes Erlebnis, sind es doch letzten Endes Dokumente ihrer Zeit. Und es ist schon mal begrüßenswert, wenn man sich nicht nur auf den Science-fiction- bzw. Horrorfilm beschränkt: Bei Bill Karns DIE GNADENLOSEN KILLER aus dem Jahre 1960 handelt es sich um ein handfestes True-Crime-Drama.
Angesiedelt in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts begegnet uns neben den Gangstergrößen John Dillinger, Babyface Nelson und Machine Gun Kelly, die vornehmlich zur Gründung des FBI führten, eine Figur, um der sich diverse Legenden ranken: Ma Barker. Deren vier Söhne schlugen allesamt die Verbrecherkarriere ein und sind zusammen mit Dillinger & Co für zahlreiche Raubüberfälle, Entführungen und diverse Mordtaten, bei denen so einige Polizisten über den Jordan sprangen, verantwortlich. Das nun Ma Barker Kopf und Organisatorin gewesen sein soll ist nichts weiter als ein Mythos.
Der später auf Lebenszeit eingebuchtete Bandenführer Alvin Karpis behauptete in seinen Memoiren, dass sie das kriminelle Treiben ihrer vier Söhne, die sich mit ihm zur Barker-Karpis-Bande zusammen schlossen, als vermeintlich harmlose Reisegruppe tarnte und sie von den Verbrechen zwar wusste, aber keinerlei Anteil daran hatte. Angeblich soll das damals noch junge FBI unter Federführung ihres Gründers J. Edgar Hoover diesen Mythos genährt haben, um ihre versehentliche Erschießung zu rechtfertigen, da man einzig ihren Sohn Fred im Visier hatte.
Zwei weitere Filme befassten sich ebenfalls mit Ma Barker und ihrer Gangstersippe: Mark Lesters PUBLIC ENEMY (1995) mit Theresa Russell und Eric Roberts sowie Roger Cormans Interpretation BLOODY MAMA aus dem Jahre 1970 mit Shelley Winters in der Titelrolle sowie dem jungen Robert DeNiro, der einen ihrer missratenen Söhne verkörperte. Dank Subkultur Entertainment hat man nun die Möglichkeit Bill Karns fast schon vergessene Version der Geschichte, die 1960 unter dem herrlich reißerischem Titel MA BARKER’S KILLER BROOD in die Kino kam, neu zu entdecken.
Hier lernen wir Kate „Ma“ Barker als in Armut lebende, vierfache Mutter kennen, die ihre Söhne schon im Kindesalter zu Raub und Diebstahl anstiftete und so zu waschechten Gangstern erzog. Früh übt sich. Vater George hat sie schon bei Zeiten rausgeschmissen, war er doch schließlich mit ihren Erziehungsmethoden in höchsten Maße unzufrieden. Ma Barker selbst hat dieses ärmliche Leben satt und will nur eins: Reichtum und Geld. All das bekommt sie schließlich auch. Im erwachsenem Alter haben ihre Söhne eine erstaunliche Verbrecherkarriere hingelegt und so gerät die Familie auch mit anderen Gangstergrößen in Kontakt – und Konkurrenz. Die zahlreichen brutalen Raubmorde veranlassen schließlich das FBI dazu, sie durch das ganze Land zu hetzen…
…was sich mit fortschreitender Handlung zu einem rabiaten Katz- und Mausspiel steigert. Davon unbeeindruckt lässt man sich nicht lumpen, um ans große Geld zu gelangen: Da werden Menschen in Brand gesteckt, überfahren und erschossen, so als wäre es etwas ganz selbst verständliches, wenn man sich in rauen Zeiten seinen Lebensunterhalt verdienen will bzw. den Traum von Reichtum erfüllen möchte. Mit welcher Brutalität das ganze Gangstertreiben unter der Fuchtel von Ma Barker vonstatten geht, ist schon erstaunlich: Hier wird ganz schön scharf geschossen. Dabei rattern die Maschinengewehre mit dem Mundwerk von Ma Barker um die Wette. Lurene Tuttle brilliert als gewiefte, ausgebuffte und rabiat agierende Über-Mutter, die im Gangstermilieu den Herren der Schöpfung sagt, wo’s lang geht. Neben zahlreichen Schießereien gibt es noch die eine oder andere Verfolgungsjagd und für Konfliktpotenzial ist dank der unterschiedlichen, aufeinander treffenden Persönlichkeiten reichlich gesorgt. Die schmissige Gesangseinlage mit Ginny Barry und Rex Holman ist bei all dem ruppigen Treiben wie eine Verschnaufpause, bevor die Handlung schließlich auf einen klassischen Shootout zurast.
Fazit:
Wer klassische Gangsterfilme mag, kann hier eine kleine, feine Perle entdecken! Dem unwiderstehlichen Charme der großartigen Lurene Tuttle als Ma Baker kann man sich sowieso nicht entziehen. DIE GNADENLOSEN KILLER ist ein stimmungsvolles, teilweise rasant inszeniertes True-Crime-Drama, das wirklich Spaß macht und in dem es alles andere als zimperlich zugeht. Für die Entstehungszeit fallen einige der hier geschilderten Gewalttaten überraschend und schonungslos aus.
DIE GNADENLOSEN KILLER auf DVD:
DIE GNADENLOSEN KILLER wurde bei uns auf 2 Ramsch-DVD’s (von Great Movies und Edel Germany) veröffentlicht, die man getrost im Wühltisch liegen lassen kann. Für ein paar Euros mehr lohnt sich die Anschaffung der bereits erwähnten DVD von Subkultur Entertainment. Und das nicht nur wegen der liebevollen Aufmachung im schicken Pappschuber und dem alternativen Filmplakat, das sich auf der Rückseite der Amaray-Hülle wiederfindet. Wie immer sehr lesenswert ist das humorvoll-informative Booklet von Bali-Chef Pelle Felsch, der dem Zuschauer einen erkenntnisreichen Einblick in die historische Vorlage liefert.
Bestens informiert kann der Filmgenuss starten, wobei man hier zwischen der Originalfassung (85 Min.) und der deutschen Kinofassung (79 Min.) wählen kann. Es lohnt sich wirklich beide Versionen anzuschauen, da sie sich vor allem im Anfang voneinander unterscheiden. Beide Fassungen gibt es mit deutschem Ton, wobei man bei der US-Version zusätzlich den englischen Ton anwählen kann. Eine interessante Extra-Dreingabe ist noch die 25minütige Doku „G-Men – Die Agenten des FBI“. Hier kommen u.a. FBI-Gründer J. Edgar Hoover zu Wort und man erfährt so einiges über die im Film auftauchenden Personen.
Mit viel Liebe zum Detail hat Subkultur hier ein hochwertiges Premiumprodukt abgeliefert. Die auf 1000 Stück limitierte DVD kann noch immer geordert werden, z.B. bei ofdb und Amazon.
- „Ein abstoßender Gangsterfilm über die „Heldentaten“ einer von ihrer entmenschten Mutter geführten Familie, deren vier Söhne zu perfekten Verbrechern erzogen wurden. Alle enden im Kugelhagel der Polizei. Ein zweitklassiger Kriminalfilm mit fragwürdiger Sympathieführung.“ (LEXIKON DES INTERNATIONALEN FILMS)