Regie: Joe Dante / Musik: Javier Navarette / Kamera: Theo van de Sande / Schnitt: Marshall Harvey / Ausf. Prod.: Chris Bender, J. C. Spink, Gary Michael Walters / Prod.: Vicki Sotheran, Claudio Faeh, Michael Litvak, David Lancaster / Buch: Mark L. Smith
Darsteller: Chris Massoglia (Dane), Haley Bennett (Julie), Nathan Gamble (Lucas), Teri Polo (Susan), Bruce Dern (Creepy Carl), Quinn Lord (Annie Smith), John DeSantis (Monster Dad), Doug Chapman (Dad, normal), Mark Pawson (Travis), Peter Shinkoda (junger Cop) sowie Jonathan Bruce, Merrit Patterson, Ali Cobrin, Wade Williams, ungenannt: Dick Miller (Pizzalieferer) u.a.
„Der größte Horror wohnt in deinem eigenen Kopf. Wehe, wenn er real wird!“
Joe Dante (Jahrgang 1946) dürfte für viele Filmfans so etwas wie ein Weggefährte sein, schließlich ist man mit seinen Werken groß geworden, da sie einen über die Jahre hinweg begleitet haben. Nach seinem Spielfilm-Debüt, die Satire HOLLYWOOD BOULEVARD (1976), inszenierte er zahlreiche Kultfilme und so war Joe Dante der Mann, der mit PIRANHAS (1978) die blutig-trashige Antwort auf den WEISSEN HAI lieferte, mit dem wunderbaren Werwolfspaß HOWLING (1981) sowohl Parodie als auch Hommage auf klassische Gruselfilme fabrizierte, mit den beiden GREMLINS-Filmen (1984/90) den sarkastisch-bösen Angriff von pelzigen, kleinen Kuschelmonstern arrangierte, mit der REISE INS ICH (1987) den geschrumpften Dennis Quaid in den Hintern von Martin Short spritzte und in MEINE TEUFLISCHEN NACHBARN (1989) zeigte, wer so im Haus nebenan wohnen könnte. In den vergangenen Jahren ist es etwas ruhiger geworden: sein letzter Kinofilm LOONEY TUNES: BACK IN ACTION entstand 2003, danach inszenierte er 2 Folgen für die MASTERS OF HORROR (2005 und 2006), ein Segment für den Episodenfilm TRAPPED ASHES (2006), führte 2007 in einer Folge von CSI: NY Regie, bevor er 2009 endlich mal wieder für die große Leinwand aktiv wurde – was uns leider verwehrt blieb:
Am Anfang steht auch hier der Umzug in eine fremde Gegend, direkt vom Großstadttrubel in eine beschauliche Kleinstadt namens Bensonsville. Susan (Teri Polo) bezieht, nicht zum ersten Mal, ihr neues Heim mit ihren beiden Söhnen, dem 17jährigen Dane (Chris Massoglia) und dem 10jährigen Lucas (Nathan Gamble). Während der Ältere sich nur schwer an die neue Umgebung gewöhnt und seine alten Freunde vermisst, lebt sich sein jüngerer Bruder recht schnell ein. Beim Herumstöbern im Haus entdecken die beiden Geschwister etwas, das eigentlich für immer geschlossen bleiben sollte: eine Falltür, die zu einem scheinbar bodenlosen schwarzen Loch führt. Jetzt, wo die Pforte ins Nichts einmal geöffnet wurde, entfleuchen – zunächst noch unbemerkt – allerlei mysteriöse Erscheinungen und Kreaturen in die Welt der Jungs. Zusammen mit Nachbarstochter Julie (Haley Bennett) versuchen sie das Geheimnis des schwarzen Loches zu ergründen – und gelangen direkt in die eigene, düstere Familienvergangenheit…
Joe Dante’s Werk ist schon immer eine Referenz auf längst vergangene Kinojahre gewesen: Der Roger-Corman-Schüler und Filmrequisitensammler ist ein bekennender Fan des Genre-Kinos der 50er und 60er Jahre, dem er in seinen Filmen (besonders GREMLINS 2, MATINEE und LOONEY TUNES – BACK IN ACTION), wo er die Stars jener Ära aufmarschieren ließ, kräftig Tribut zollte. Mit THE HOLE führt er uns zurück in die 80er, wo Filmemachen noch Handarbeit war und Spezialeffekte nicht zwangsläufig aus dem Computer kamen. Und es ist schön mal wieder so einen Film zu sehen: Keine hektischen Schnitte, kein CGI-Schnickschnack, keinerlei Foltereinlagen, Videoclip-Ästhetik, Blutbäder und sich ständig überbieten wollende Gewaltexzesse, sondern Old-School-Horror der unaufgeregten, aber dafür aufregenden und niemals langweiligen Art. THE HOLE ist eine Reise zurück in die 80er, als Filme wie POLTERGEIST (1982), GATE – DIE UNTERIRDISCHEN (1987), GOONIES (1985), LOST BOYS (1987), FRIGHT NIGHT (1985) oder Dante’s eigener EXPLORERS – EIN PHANTASTISCHES ABENTEUER (1985), in dem drei Freunde mittels selbst gebastelter Apparatur zu Abenteuern in den Weltraum aufbrechen, für Aufregung und wohliges Schaudern sorgten.
Mit THE HOLE weckt Joe Dante auf nostalgische Weise Erinnerungen an diese Filme aus jener Kinoepoche und wenn ihm das geglückt ist, ist ihm schon Großes gelungen. Er ist ein Meister seines Fachs, bei dem sich Schrecken und Lachen stets die Waage halten.
Ohne großes Brimborium setzt er hier ein paar hübsch-gruslige Situationen in Szene: ob nun das Grauen im Swimmingpool lauert, die vertraute Clownspuppe sich auf einmal als ziemlich angriffslustig erweist oder sich verborgene Kindheitsängste materialisieren – Joe Dante weiß, wie man solche Momente genau auf den Punkt bringt und lässt mit seiner entspannten Inszenierung so manch jungen Regiespund von heute ziemlich alt aussehen.
Sicherlich sollte man inhaltlich nichts innovatives erwarten, überhaupt hätte das Drehbuch von Mark L. Smith (MOTEL und MOTEL: THE FIRST CUT) etwas mehr Substanz vertragen. Auch Dante’s bissiger Anarcho-Humor, der den American Way of Life gekonnt auf die Schippe nahm und ein Markenzeichen zu den eingangs erwähnten Werken darstellte, weicht hier (wie in seinen letzten Filmen) einer eher konventionellen, familienfreundlichen Unterhaltung, die jedoch aufgrund einiger wirklich grusliger Momente für die ganz Kleinen eher ungeeignet ist – man denke hier nur an den Angriff der Clownspuppe, die unheimliche Begegnung mit einem Polizisten aus der Geisterwelt oder Dane’s Kampf mit dem bösen, gewaltbereiten Vater. Toll ist auch das Finale tief unten im schwarzen Loch, einer finsteren, verzerrten und fantasievoll arrangierten Parallelwelt, die auf der einen Seite schlichtweg unheimlich ist und auf der anderen gerade dazu einlädt auf Entdeckungsreise zu gehen. Schließlich gilt es für unsere drei jungen Helden sich den eigenen Ängsten zu stellen.
Die sympathischen Darsteller wissen hier wirklich zu gefallen und es tut gut, mal keine Highschool-Deppen zu sehen, sondern Figuren, die einem nicht egal sind. In einer Mini-Nebenrolle erfreut uns der gute, alte Bruce Dern (DAS GEISTERSCHLOSS; THE GLASS HOUSE), der hier den zauselig-verrückten Vorbesitzer des schwarzen Lochs spielt und wenn man ganz genau aufpasst, kann man für den Bruchteil einer Sekunde Genre-Veteran Dick Miller (GESANDTER DES GRAUENS; DAS VERMÄCHTNIS DES PROF. BONDI; KLEINER LADEN VOLLER SCHRECKEN; DER MANN MIT DEN RÖNTGENAUGEN; HOWLING; DIE NACHT DER CREEPS) entdecken – kein Joe-Dante-Film ohne Dick Miller!
Für die Kinoauswertung wurde THE HOLE mit dem gerade angesagten 3D-Effekt konzipiert, doch funktioniert er auch auf herkömmliche Weise, also in 2D, ausgezeichnet. Als Genre-Fan fühlte ich mich in diesem hübsch-altmodischen Fantasy-Gruselspaß bestens aufgehoben.
6,5/10