Regie: Andrew Stanton / Musik: Michael Giacchino / Kamera: Dan Mindel / Schnitt: Eric Zumbrunnen / Prod.: Jim Morris, Lindesy Collins, Colin Wilson / Buch: Andrew Stanton, Mark Andrews, Michael Chabon / LV: Edgar Rice Burroughs
Darsteller: Taylor Kitsch (John Carter), Lynn Collins (Dejah Thoris), Willem Dafoe (Tars Tarkas), Mark Strong (Matai Shang), Ciarán Hinds (Tadors Mors), Dominic West (Sab Than), James Purefoy (Kantos Kan), Samantha Morton (Sola), Bryan Cranston (Powell), Thomas Haden Church (Tal Hajus), Polly Walker (Sarkoja), Daryl Sabara (Edgar Rice Burroughs), Nicholas Woodeson (Dalton), Don Stark (Dix, der Ladenbesitzer), Rupert Frazer (Thompson), David Schwimmer (junger Thark Krieger), Jon Favreau (Thark Buchmacher), Art Malik (Zodangan General) sowie Arkie Reece, Edmund Kente, Sean Carrigan u.a.
1883: Der junge Edgar Rice Burroughs (Daryl Sabara) hält das Vermächtnis seines überraschend verstorbenen Onkels John Carter (Taylor Kitsch) in den Händen. In dessen Tagebuch erfährt er die Geschichte und das Schicksal des umtriebigen Forschers…
Der Buchautor selbst taucht im Prolog als junger Mann auf und darf sogar zum Schluss aktiv zum Geschehen mit beitragen – eine hübsche Idee und eine der wenigen Freiheiten, die man sich gegenüber der Literaturvorlage genommen hat. Mit JOHN CARTER kommt nun ein echter Science-Fiction-Opa ins Kino gesprungen – und das pünktlich zu seinem 100. Geburtstag. Es war 1912 gewesen, als TARZAN-Erfinder Edgar Rice Burroughs seine erste von insgesamt 15 Storys um „John Carter vom Mars“ konzipierte und somit als Erfinder der klassischen „Space Opera“ gilt: seine Trivial-Serie sollte schließlich in Literatur und Film stilbildend für ein ganzes Genre werden.
Staunend und mit großen Augen erfährt der junge Edgar Rice Burroughs wie sein Onkel, der Hauptmann John Carter, im amerikanischen Bürgerkrieg desertierte, auf Goldsuche ging und bei seiner Flucht vor Indianern und Soldaten (u.a. Bryan „Heisenberg“ Cranston) in einer geheimnisvollen Höhle landete – die ihn direkt auf den Mars katapultierte. Und auch dort wir er bald zwischen die Fronten geraten, aber mit einem Vorteil: dank der geringeren Schwerkraft ist er nun zu Riesensprüngen fähig.
Seine erste extraterrestrische Begegnung hat er nicht mit kleinen, sondern großen, grünen Männchen (und Weibchen) vom Mars: den vierarmigen Tharks, die ihn gefangen nehmen, aber schon bald von dem Erdling beeindruckt sind: „Ihr seid häßlich, aber wunderbar!“
Es dauert nicht lange und John Carter gerät zwischen die Fronten einer den Menschen ähnlichen Rasse, die aber in zwei feindliche Gruppierungen gespaltet ist: die friedliche Bevölkerung von Helium, die von den Kriegern Zadongas bedroht werden. Als Carter unvermittelt in die Schlacht der beiden verfeindeten Städte gerät und Heliums Prinzessin Dejah (Lynn Collins) rettet, zieht er den Groll des machthungrigen Kriegsherrn Sab Than (Dominic West) auf sich. Dabei hat doch König Tadors Mors (Ciarán Hinds) im Gegenzug zum Waffenstillstand seine Tochter extra für ihn an ihn versprochen. Und dann mischt noch der die Gestalten wechselnde Magier Matai Shong (Mark Strong) mit, der seine eigene Ziele verfolgt, Sab Than mit einer überlegenen Waffe ausrüstet und mehr oder weniger dafür verantwortlich ist, dass John Carter auf dem Mars landete…
Schon mehrmals gab es über die Dekaden hinweg Bemühungen diesen John Carter auf die Leinwand zu hieven: Bereits in den 30er Jahren versuchte LOONEY TUNES-Macher Bob Clampett für MGM den Stoff als Zeichentrickfilm umzusetzen, während in den 50ern Stop-Motion-Spezialist Ray Harryhausen Interesse daran bekundete. In den 80ern sicherte sich Walt Disney Pictures die Rechte, um eine Verfilmung zu produzieren (und STAR WARS etwas entgegen setzen zu können), doch hielt der dafür vorgesehene Regisseur John McTiernan die damalige Ticktechnik für noch nicht ausgereift genug, um das Vorhaben zu realisieren. Nach der Millenium-Wende bemühte sich schließlich Paramount Pictures mit IRON MAN-Regisseur Jon Favreau um eine Leinwandadaption, doch sollte auch dieses Vorhaben keine Früchte tragen (Kleine Randnotiz: Favreau hat in dem nun fertigen Film eine kleine Nebenrolle).
Dafür tauchte John Carter (bzw. Elemente davon) über die Jahre hinweg in den verschiedensten Filmen wieder auf: und zwar in STAR WARS, in DUNE, FLASH GORDON, PLANET DER AFFEN, AVATAR, STARGATE, TOTAL RECALL usw. usf. So einiges dieser Filme wird man hier wieder finden und so könnte man jetzt JOHN CARTER vorwerfen, er würde diese Science-fiction-Filme auf dreiste Weise kopieren. Letzten Endes sind es aber die Macher dieser Werke gewesen, die sich von Edgar Rice Burroughs Buchreihe haben beeinflussen lassen.
Pixar-Regisseur Andrew Stanton ist es schließlich gewesen, der an die Quelle ging und das machte, woran schon so viele vor ihm gescheitert sind: diesen John Carter endlich in gebührender Form auf die Leinwand zu bringen. Für manche mag das vielleicht ein paar Jahrzehnte zu spät kommen. Für Pixar-Urgestein Stanton aber die Möglichkeit, zum ersten Mal mit realen Darstellern drehen zu dürfen. Vorher war er u.a. an den Drehbüchern zu TOY STORY 1 & 2 (1995/99) beteiligt und schrieb und inszenierte die gefeierten Animationsfilme DAS GROSSE KRABBELN (1998), FINDET NEMO (2003) und WALL E (2008). Letzter führte ihn schon mal in den Weltraum und zu den Abenteuern, die einen dort erwarten.
Landet man hier auf den Mars, der hier Barsoom heißt und als karger Wüstenplanet daher kommt, muss man erstmal die vielen Namen, Orte und Begriffe sortieren und einordnen; dazu werden Legenden aufgetischt, Götter entweiht, Mythen entzaubert und / oder bekräftigt und dazwischen fällt schwülstig-bedeutungsschwangerer Satzschwurbel wie „Bei Issus! Sab Thang, Jeddak von Helium, will Barsoom mit dem neunten Strahl unterjochen!“ Vielleicht hat es ja für solche Dialog-Fetzen die Anwesenheit von Pulitzer-Preisträger Michael Chabon (WONDER BOYS) als Co-Autor benötigt.
Mit seiner pompösen Hochzeitszeremonie, den umfangreichen Vorbereitungen, den Verschwörungen, Intrigen und der Palastrevolte wirkt Stantons Film stellenweise wie eine intergalaktische Hofberichtserstattung. Ironischerweise vereint der Film mit Ciarán Hinds, Polly Walker, Nicholas Woodeson und James Purefoy gleich 4 Darsteller aus der Historienserie ROM – nur gibt’s bei Disney im Gegensatz zu HBO einen Unterschied: da kullert auf einmal ein (Alien-) Kopf über den marsianischen Boden und man bekommt gar nicht zu sehen, wie der Eigentümer diesen verlor…
Nun, beim Film gilt was im echten Leben gilt: Nur nicht den Kopf verlieren! Freilich würde man JOHN CARTER – ZWISCHEN DEN WELTEN Unrecht tun, wenn man ihn auf den reinen Sandalenfilm-Faktor reduziert. In erster Linie handelt es sich hier um ein klassisches Science-Fiction-Epos, das visuell eine wahre Augenweide ist und mit grandiosen Bildern aufwartet. In dieser fremden, bizarren und reichhaltigen Welt gibt es eine Menge zu entdecken, wofür denn auch diverse Schauplatzwechsel und opulente Kulissen sorgen.
In vielen Rezensionen, die sich genauso ausgiebig mit dem Film beschäftigt haben, wurde ein Mangel an Action beklagt. Die gleichen Leute jammern dann rum, wenn die Filme mit Action nur so vollgestopft sind. Ein Mangel an Bewegung gibt es hier nun wirklich nicht; JOHN CARTER bietet genau die richtige Mischung aus Action und Spezialeffekte. Mit seiner Vielzahl an digitalen Effekten wirkt der Film auch keineswegs seelenlos, ganz im Gegenteil: hier herrscht das pure, pralle Leben wie sonst nur beim verkaufsoffenen Sonntag in Riesa. Und da ist bekanntermaßen ’ne Menge los.
Sicher hat JOHN CARTER eben den Nachteil, dass die anderen, oben genannten Filme schon vor ihm da waren und die zugegebenermaßen umfangreich und ausladend gestaltete Geschichte mit ihren Verwicklungen letzten Endes in den üblichen Handlungsbahnen verläuft. Hier und da gibt es vielleicht etwas zu viel schwülstigen Dialog-Ballast, doch bis zum wendungsreichem Finale, das diverse Haken schlägt, ist dennoch für genügend Kurzweil gesorgt.
Ob wir diesen John Carter jemals wieder auf der Leinwand sehen werden, dürfte indes eher unwahrscheinlich sein: an der Kinokasse erwies er sich als böser, teurer Flop.
- Hauptdarsteller Taylor Kitsch und Filmpartnerin Lynn Collins hatten zuvor auch schon beruflich miteinander zu tun: Beide waren 2009 im Ableger X-MEN ORIGINS: WOLVERINE zu sehen
6,5/10