Regie: Toby Wilkins / Musik: Elia Cmiral / Kamera: Nelson Cragg / Schnitt: David Michael Maurer / Ausf. Prod.: Jamie Carmichael, Graham Begg, Mark Cuban, Todd Wagner / Prod.: Kai Barry, Ted Kroeber / Buch: Ian Shorr, Kai Barry
Darsteller: Paulo Costanzo (Seth), Jill Wagner (Polly), Shea Whigham (Dennis), Rachel Krebs (Lacey), Charles Baker (Blake Sherman Jr.), Laurel Whitsett (Sheriff Terri Frankel)
SPLINTER – der Film zum Splitter. Wenn man sich irgendwo ’nen Schiefer oder Splitter reingerammelt hat, egal ob nun beim Holz hacken oder beim Sex, ist das nicht unbedingt eine angenehme Sache. Die daraus resultierende Eiterblase wäre aber in diesem Fall noch das kleinere Übel, im Gegensatz zu der monströsen Kreatur, die hier aus einem scheinbar harmlosen Splitter heranwächst.
Das junge Pärchen Seth und Polly ist in den weiten Wäldern Oklahomas zu einem Campingausflug unterwegs, um den Jahrestag gebührend zu feiern: und zwar mit Sex unterm Himmelszelt. Als sie sich doch für eine Übernachtung in einem Motel entschließen, werden sie von dem Gangsterpärchen Seth und Lacey (sie: ein Drogenjunkie, er: ein gesuchter Verbrecher) gekidnappt – so viel zum Jahrestag. Zu viert steuert man eine verlassene Tankstelle in der Prärie an – und die entpuppt sich bald Schicksalsort. Wie der Zuschauer schon aus dem Prolog weiß, hockt da so eine grauenhafte Kreatur, die über den armen Tankstellenwächter hergefallen ist. Und jetzt sind grad’ wieder vier üppige Frischfleischpackungen eingetroffen. Ihnen erwartet nicht so ein läppischer 08/15-Monster-Tod, haben wir es doch hier mit einer besonders garstigen Kreatur zu tun, die unheimlich gerne Körper in sich aufnimmt und, von innen heraus, zu blutrünstigem Eigenleben verhilft…
Nach dem Supermarkt-Horror in DER NEBEL und ALIEN RAIDERS ist es diesmal eine einsame Tankstelle, die für einige unterschiedliche Protagonisten zum Angriffsort grässlicher Kreaturen wird. Dieses Monster hier hat es in sich: Eine Kreatur, die nicht entscheidet zwischen Mensch und Tier, tot oder lebendig, sondern sich nimmt, was sie braucht und was sie kriegen kann. Alles wird einverlebt. Warum soll das Assimilieren von Lebensformen nur den Borg oder der Kirche vorbehalten sein? „Wenn man von einer Kreatur angegriffen wird, die versucht, einen zu töten, ist das schon sehr unheimlich. Wenn aber die Kreatur, die einen angreift, gar nicht töten will, ist das noch unheimlicher“, so Regisseur Toby Wilkins. Was so alles passiert, wenn so ein Monster die Körper seiner Opfer in den eigenen integriert, wurde z.B. in Chuck Russells effektvollem BLOB-Remake (1988) und George P. Cosmatos’ LEVIATHAN (1989) entsprechend veranschaulicht. SPLINTER’s großes Vorbild ist ganz klar John Carpenters THE THING, ein Film, der seiner Zeit einfach voraus war, denn nicht anders ist es zu erklären, dass er 1982 (in direkter Konkurrenz zu E.T.!) von der Kritik verrissen und vom Publikum ignoriert wurde, sich aber im Laufe der Jahre zum stilbildenden, einflussreichen Meilenstein des modernen Sci-Fi-Horrorkinos etablierte. Bei den krassen Metamorphosen, körperlichen Veränderungen und bizarren Bewegungen, die von diesem Ding aus dem anderen Wald ausgehen, hat sich Wilkins deutlich von THE THING inspirieren lassen: „Jedoch besteht zwischen beiden Filmen ein Unterschied bei der Motivation des Monsters: Das Alien in THE THING hatte ein ganz klares Ziel vor Augen, während unsere Kreatur einfach nur versucht, zu überleben, und die Menschen ausschließlich als Nahrung betrachtet.“ (Toby Wilkins, zitiert aus DEADLINE 03/2009)
Wie so viele andere Regiedebütanten so kommt auch Wilkins aus der SFX-Branche, was meistens kein gutes Omen ist. Doch im Gegensatz zu anderen Kollegen weiß er von seinen jahrelangen Erfahrungen zu profitieren. Und das sieht man auch. Im Prinzip macht Wilkins es richtig, wenn er das Monster (anfangs) zurückhält, eine Strategie, die er bis zum Schluss durchzieht und so bekommen wir die Kreatur nie so richtig, und wenn, dann nur kurz und flüchtig, zu sehen. Was eigentlich schade ist, denn hier haben wir es mit einem originellen und auch schönem Monster zu tun, dass man gut und gerne etwas deutlicher gesehen hätte. Ein Maul ist nicht wirklich erkennbar und wie bei einem Neonazi sieht man nicht so richtig, wo der Kopf und was der Arsch ist. Wenn man nicht so richtig sieht und weiß, was einen da angreift, macht das die Sache ja noch unheimlicher und geheimnisvoller, allerdings resultiert dieser Umstand (so auch hier) durch ein begrenztes, geringes Budget. Doch Wilkins und seine Crew lassen SPLINTER alles andere als billig aussehen, was man u.a. an der guten Kameraarbeit und den überzeugenden Darbietungen aus der Trickabteilung sieht. Dort setzte man, Computeranimationen zum trotz, auf die gute, alte Handarbeit, was sich, in den richtigen Händen vorausgesetzt, immer wieder bewährt hat. Und so gibt es nicht nur ein hübsches Monsterdesign, sondern auch schön blutig angerichtete Endresultate von sich verändernden, auseinander fallenden, zwei- und mehrfach geteilten Körpern, die gefressen und assimiliert werden, mal tot sind und dann wieder auferstehen; dazu Körperteile und Gliedmaßen, die selbst im abgetrennten Zustand eine erstaunliche Beweglichkeit hinlegen. Splitter-Splatter pur.
Bild: 2,35:1 (16:9) / Ton: Deutsch (DTS 5.1 & DD 5.1), Englisch (DD 5.1) / Untertitel: Deutsch / TV-Norm: PAL / Regionalcode: 2 / DVD-Format: DVD-9 / Verpackung: Keep Case (Amaray) im Pappschuber / Laufzeit: 79 Min. (uncut) / FSK: ab 16
Extras: 2 Audiokommentare (Regisseur + Crew und Regisseur + Schauspieler), optional mit dt. UT: „Das Wetter in Oklahoma“ (1:57), „Der Zaubermeister“ (1:10), „Die Konstruktion der Tankstelle“ (1:55), „Die Splinter-Kreatur“ (4:07), „Digitaler Dreh“ (2:25), „Toby Wilkins über SPLINTER“ (4:37), „Wie macht man einen Splinter-Kürbis?“ (2:20), Slideshow „Die Entwürfe der Kreatur“ (1:30), Originaltrailer (1:38), 5 weitere Trailer aus dem Angebot des Anbieters
Die Blu-ray mit gleicher Ausstattung erschien im Mai 2013
7/10