„100 Jahre später. 400 Tonnen Eisen und Stahl. Nichts lässt dieses Schiff sinken.“ (Werbeslogan)
Regie + Buch: Shane Van Dyke / Musik: Chris Rano, Chris Ridenhour / Kamera: Alexander Yellen / Schnitt: Mark Atkins, Austin Harvey Stock / Ausf. Prod.: David Rimawi / Prod.: David Michael Latt
Darsteller: Bruce Davison (James Maine), Shane Van Dyke (Hayden Walsh), Marie Westbrook (Amy Maine), Brooke Burns (Dr. Kim Patterson), Michelle Glavan (Kelly Wade), Casey Van Dyke (Elmer Coolidge), D. C. Douglas (Captain Will Howard) sowie Dylan Vox, Wittly Jourdan, Myles Cranford, Matt Wise, Myles Cranford, Wes Van Dyke u.a.
Eines kann man den Fließband-Fabrikanten der emsig arbeitenden Billigfilm-Schmiede „The Asylum“ nun wirklich nicht absprechen: die strotzen geradezu vor Selbstbewusstsein. Wo sie im Dunstkreis zwischen Dilettantismus, Dummheit und Dreistigkeit im Jahre 2008 KRIEG DER WELTEN 2 als inoffizielle Fortsetzung auf den nach Profit schielenden DVD-Markt klatschten, um im Fahrwasser des brachialen Spielberg-Krachers noch ein bisschen Kohle abzustauben, schipperten sie zwei Jahre später in ähnlichen seichten Gewässern, diesmal aber mit einem exklusivem Kleingeist-Großprojekt, auf das die Filmwelt wirklich gewartet hat: TITANIC II – DIE RÜCKKEHR. Oder: nichts is‘ zu blöd, um nicht zu einem Film verwurstet zu werden. Wer bei diesem Titel vielleicht eine Wiederaufbereitung oder gar Fortsetzung zu dem monumental aufbereiten Lovestory-Kitsch mit Leo und Katie erwartet, ist selber schuld und wird dementsprechend ziemlich dumm aus der Wäsche gucken, weil es in diesem Fall nur zu einer schludrig hingeschusterten Katastrophenfilm-Filmkatastrophe aus dem Hause „The Asylum“ gereicht hat, die eben mit James Cameron’s TITANIC rein gar nichts zu tun hat. Aber daraus haben ja die Restefilmverwerter ihr Geschäftsmodel entwickelt, nämlich ihre Kundschaft (Z-Movie-Enthusiasten und naive Allesgucker) mit leicht variierten Titelkreationen bekannter Kinokassenhits und, wie im vorliegenden Fall, getürkten Pseudo-Fortsetzungen zu ködern.
Und hier bekommt die gegenwärtige Filmlandschaft das, was sie verdient hat: TITANIC II – DIE RÜCKKEHR. Scheißberg statt Eisberg. Mit einem ausgeklügeltem Story-Panoptikum soll der Quark gerechtfertigt werden: 100 Jahre sind vergangen, seit die Titanic im Jahre 1912 an einem Eisberg havarierte und sank. Und wie soll man dieses Jubiläum gebührend würdigen? Ganz einfach: indem eine neue Titanic zusammen genietet wurde und diese die Originalroute von damals entlang schippert. Doch wieder endet alles in einer Katastrophe: in diesem Fall einem miesen, kleinen Billigfilmchen. Die Asylum’schen Trash-Koryphäen finden denn auch einen guten Grund, die Titanic ein zweites Mal sinken zu lassen: Schuld daran ist diesmal die globale Erwärmung, die einen Gletscher hat bröckeln lassen, was wiederum einen Tsunami mit jeder Menge Packeis und noch mehr zelebrierten Schwachsinn zur Folge hat…
Damit der Dramatik-Faktor nicht zu kurz kommt, gibts noch ein kreiselndes Drei-Personen-Karussell, das zu keiner Zeit in die Gänge kommt. Da wäre der angesehene Wissenschaftler (Bruce Davison), den man meist in der Hubschrauber-Attrappe vorfindet, seine Tochter (Marie Westbrook), die als Krankenschwester auf der Titanic II angeheuert wurde und ihr werter Herr Ex (Shane Van Dyke), ein schnöseliger Konzernbubi im Luxusrausch, der den Bau mitfinanzierte und immer drei, vier Trash-Nutten um sich geschart hat. Im Sog der Katastrophe gilt es nun, dass das Pärchen wieder zueinander findet, während Daddy von oben herab weise Ratschläge erteilt. Das Ergebnis: Laienhaftes Provinz-Schauspiel, depperte Dialoge aus der Sprechblasen-Abteilung, das alles abgerundet von einer kongenial miesen Synchronisation.
Der aus dem Van-Dyke-Clan stammende Shane Van Dyke ist es auch, dem wir diese verkappte Kopie zu Wolle Petersen’s POSEIDON-Remake (2006) zu verdanken haben. In jeder Familie gibt es ein schwarzes Schaf. Der Enkel des US-Komödianten Dick Van Dyke (DIAGNOSE – MORD) schien seine Berufung im Hause „Asylum“ gefunden zu haben, wo er sein Talent als lausiger Trottelmime, unbeholfener Regie-Dilettant und Drehbuchseitenbeschmutzer voll zur Entfaltung bringen kann, wie seine Mitwirkung u.a. in TRANSMORPHERS: FALL OF A MAN und PARANORMAL ENTITY (beide 2009) beweisen. Mit dieser filmischen Verunglimpfung der TITANIC-Katastrophe darf er sich in diesen Funktionen als James Cameron für die Unterschicht etablieren und ein Meisterstück des Scheiterns abliefern. TITANIC II – DIE RÜCKKEHR DES BLÖDEN: das ist keine Low-Budget-produktion, sondern eine No-Budget-Produktion; einer jener Filme, bei denen an allem gespart wurde – die Intelligenz mit eingeschlossen. Ein Film, den man sich aber auch sparen kann.
Da steht man vor der Green Screen in der Studio-Antarktis, es schneit wie Bolle und man bekommt keine einzige Schneeflocke ab, in den „inszenierten“ Massenpanik-Szenen stolpern immer wieder die selben doofen Statisten über ihre krummen Beine und überhaupt wurde um die törichten Schauspieler-Grimassen drumherum alles aus dem Computer geschissen. Dieser Fake von einem Film ist wie ein Hacker-Angriff der Informatik-Azubis. Was gibt es hier nicht alles zu bewundern: eine Computer-Titanic, die über den Computer-Atlantik zuckelt, Computer-Gletscher, die ins Computer-Meer krachen, wo Computer-Eisschollen darin rumtreiben wie in einer brotlosen Wassersuppe, dazu gibt’s noch Computer-Riesenwellen, einen Computer-Tsunami, Computer-Helicopter, Computer-Schneegestöber… Das alles in der Ästhetik eines miesen Videospiels, das nie einer spielen wollte. Da kann man auch ein paar Eiswürfel in die Kloschüssel kippen und dort Schiffe versinken spielen. Im übrigen würde es auch nicht verwundern, wenn auf einmal so ein Riesenkrake, wie man sie aus anderen Asylum-Produktionen kennt, auftauchen würde.
Klar ist, das man in so einem Stuss die hier halbherzig vorgebrachten Warnungen vor der globalen Erwärmung überhaupt nicht ernst nehmen kann. Eher scheint diese Katastrophen-Kolportage selbst mit zum Klimawandel beizutragen: Kaum das einer dieser unmöglichen Dialoge ausgesprochen wird, schmilzt schon wieder ein Gletscher vor Schreck weg.
Jede Menge Elend vor und hinter der Kamera. Peinlich wird es, wenn der Herr (Möchtegern-) Regisseur sich in seinem Ego-Wahn die zweite männliche Hauptrolle zuschanzte und so dürfen wir ihn auch noch als aufgebrezelten Schmierlappen-Gigolo erleben, der bis zur obligatorischen Sterbeszene den Helden rauskehrt. Gegen sein albernes Rumgepose bietet einem das „Traumschiff“ schauspielerische Spitzenklasse. Seine Mitstreiterin Marie Westbrook (DRACULAS CURSE; 100 MILLION BC) ist als lumpiger Krankenschwestern-Verschnitt auch nicht viel besser, das übrige Darsteller-Gesindel nicht weiter der Rede wert.
Eigenartig nur wie sich ein renommierter und durchaus angesehener Charakterdarsteller wie Bruce Davison (SHORT CUTS; X-MEN 1 & 2) in diesen filmischen Kalauer verirren konnte. Hatte er Langeweile? Wurde er gekidnappt? Muss er inzwischen wegen eines leeren Bankkontos jeden Mist annehmen? War er besoffen, als er den Vertrag unterschrieb? Steckt künstlerischer Sadomasochismus dahinter, die Lust des Schauspielers sich mal in so einem richtig miesen Trash-Heuler zum Obst zu machen? Die Antwort darauf wird nur er wissen.
4/10