TOTENTANZ DER VAMPIRE
GB 1971 / O: „The House that Dripped Blood“ / Prod.: Amicus
Regie: Peter Duffell / Musik: Michael Dress / Kamera: Ray Parslow / Schnitt: Peter Tanner / Ausf. Prod.: Paul Ellisworth, Gordon Westcourt / Prod.: Max J. Rosenberg, Milton Subotsky / Buch: Robert Bloch
Rahmenhandlung: John Bennett (Inspektor Holloway), John Bryans (Stoker), John Malcolm (Sergeant) / „Method for Murder“: Denholm Elliott (Charles), Joanna Dunham (Alice), Tom Adams (Dominick), Robert Lang (Psychiater) / „Waxworks”: Peter Cushing (Philip), Joss Ackland (Rogers), Wolfe Morris (Betreiber des Wachsfigurenkabinetts) / „Sweets to the Sweet“: Christopher Lee (Reid), Nyree Dawn Porter (Ann), Chloe Franks (Jane) / „The Cloak“: Jon Perwee (Paul), Ingrid Pitt (Carla), Geoffrey Bayldon (Von Hartman), ungenannt: Joanna Lumley (Film Crew Girl) sowie Hugh Manning, Richard Coe, Jonathan Lynn, Winifred Sabine, Bernard Hopkins, Carleton Hobbs
Mit ihren berühmten, von Freddie Francis inszenierten Anthologiestreifen DIE TODESKARTEN DES DR. SCHRECK (1964) und DER FOLTERGATEN DES DR. DIABOLO (1966) konnten sich die britischen Amicus-Studios nicht nur auf dem Horrormarkt behaupten, sondern auch als ernsthafte Konkurrenz zu Hammer Films erweisen. TOTENTANZ DER VAMPIRE ist der dritte Beitrag aus dieser losen Reihe an Episoden-Horrorfilmen mit vier völlig unterschiedlichen Gruselstories und der obligatorischen Schlusspointe, das alles eingebettet in eine Rahmenhandlung. Für dieses Vorhaben spricht in erster Linie die Mitwirkung diverser englischer Schauspielgrößen. Neben dem bewährten Horror-Dream-Team Christopher Lee & Peter Cushing sind auch Denholm Elliott (aus den INDIANA JONES-Filmen), Joss Ackland (LETHAL WEAPON 2, 1989), Jon Pertwee (der von 1970-74 DR. WHO sein durfte) und die umwerfende Ingrid Pitt (bestens bekannt aus den Hammer-Hits DIE GRUFT DER VAMPIRE und COMTESSE DES GRAUENS, beide von 1970) mit von der Partie.
In der Rahmenhandlung untersucht Inspektor Holloway das mysteriöse Verschwinden des berühmten Horrorfilmstars Paul Henderson. Von dessen Makler A. J. Stoker erfährt er, das Hendersons letzter Aufenthaltsort ein scheinbar verfluchtes Haus ist, das schon so manchen Mieter in den Tod trieb. Mit skeptischem Blick verfolgt der Inspektor die vier Gruselgeschichten, die sich allesamt in diesem „Haus, aus dem das Blut tropft“ (so der übersetzte Originaltitel) zugetragen haben:
„Method for a Murder“: Der Kriminalschriftsteller Charles Hillyer (Denholm Elliott am Rande des Wahnsinns) läßt sich mit seiner Frau Alice in dem besagten Haus nieder, um in aller Ruhe an seinem neuen Buch zu schreiben. Doch der geplagte Autor driftet bald in den Wahnsinn ab, als er sich von seiner Hauptfigur, dem geisteskranken Mörder Dominick, verfolgt sieht. Und schließlich macht er das, wozu er geschaffen wurde: nämlich morden…
„Waxworks“: Der Geschäftsmann Phillip Grayson (ein melancholischer Peter Cushing) war ein weiterer Bewohner dieses Hauses. Die Betonung liegt auf „war“. Eigentlich wollte er nur seinen Lebensabend genießen und sich in aller Ruhe seinen Hobbys widmen. Beim Besuch des nahe gelegenen Wachsfigurenkabinetts stockt ihm der Atem, entdeckt er dort die Frau, die er einst vor vielen Jahren liebte – als Wachsfigur ausgestellt. Das Unheil nimmt seinen Lauf, als Phillip unerwarteten Besuch von einem alten Freund (Joss Ackland) bekommt…
In „Sweets to the Sweet“ bezieht John Reid (eiskalt: Christopher Lee) mit seiner kleinen Tochter Jane dieses Haus. Die angeheuerte Privatlehrerin (Nyree Dawn Porter) wundert sich über die kalte und herzlose Art, wie der schroffe Reid sein Kind erzieht: er erlaubt ihr keine Freunde und auch kein Spielzeug. Es scheint, als hätte John Reid Angst vor seiner Tochter. Grund dazu hat er, entpuppt sie sich doch als Hexe im Kindesalter. Mit einer selbst gebastelten Voodoo-Puppe malträtiert sie ihren Vater…
Mit der letzten Episode „The Cloak“ schließt sich der Kreis und die Rahmenhandlung findet ihre Auflösung. Der eingangs erwähnte, alternde Horrorstar Paul Henderson (exzentrisch: Jon Pertwee) ist der bislang letzte Mieter dieses Hauses, das seinen Besitzern nur Unglück brachte. Henderson hat seine beste Zeit schon hinter sich, trotzdem will er es noch einmal wissen und dreht einen neuen Vampirfilm. Der arrogante Schauspieler beklagt sich ständig über die schlechten Drehbedingungen und als ihm auch sein Kostüm nicht zusagt, beschließt er, sich selbst eins zu besorgen. Bei einem alten Mann findet er schließlich das seiner Meinung nach passende Vampircape. Und wie es passt: als er es sich umhängt, verschwindet sein Spiegelbild, ihm wachsen die Zähne eines Vampirs – und bei den Dreharbeiten fällt er über seine Schauspielkollegin Carla Lynde (selbstironisch: Ingrid Pitt) her…
Der deutsche Titel TOTENTANZ DER VAMPIRE ist natürlich wieder mal blanker Unsinn, da sich mit ihm nicht einmal ein Bezug zu der vierten, komödiantisch angehauchten Episode herstellen läßt. Zwar tauchen dort die blutdürstigen Halsbeißer auf, aber einen Totentanz wird man da vergeblich suchen. Doch auch der Originaltitel wird dem nicht ganz gerecht, denn in THE HOUSE THAT DRIPPED BLOOD gibt’s keinen einzigen Tropfen Blut zu sehen. Überhaupt wird hier fast vollkommen auf grafische Gewalt verzichtet. Das führte zu dem Kuriosum, dass die Produzenten Max Rosenberg und Milton Subotsky eine höhere Altersfreigabe ab 12 Jahren verlangten, da die BBFC ursprünglich eine familientaugliche Altersfreigabe vergeben wollten. Ihr Bedenken war, dass der Film sonst sein Zielpublikum verfehlen würde.
Das Peter Duffell hauptsächlich für das britische Fernsehen arbeitete, merkt man TOTENTANZ DER VAMPIRE an. Großes Horrorkino sieht jedenfalls anders aus. So kommen hier vor allem die nostalgischen Horrorgemüter, die es gerne mal etwas gemächlicher angehen, auf ihre Kosten. Gemächlich ist gut – man könnte auch angestaubt sagen. Aber man verliert sich ja gerne in diese hübsch-altmodische Gruselstimmung.
Die vier Gruselgeschichten, die mehr oder weniger geschickt mit der Rahmenhandlung kombiniert werden, stammen von keinem geringeren als dem 1994 verstorbenen Robert Bloch, der vor allem durch seine Literaturvorlage zu Hitchcocks PSYCHO (1960) Weltruhm erlangte und auch noch Jahre danach als Drehbuchautor von sich reden machte. So belieferte er nicht nur William Castle mit Ideen (THE NIGHT WALKER, 1964), sondern auch den Amicus-Episodenfilm DER FOLTERGARTEN DES DR. DIABOLO.
In den Olymp der besten Horror-Anthologien wird es TOTENTANZ DER VAMPIRE hingegen kaum schaffen. So vielfältig die Zutaten auch sein mögen (die mordende Romanfigur, die Realität wird, Unglück im Wachsfigurenkabinett, Hexenkult und Voodoo-Zauber, Vampire auf dem Filmset) – nicht nur für Genre-Kenner dürfte der Ausgang der jeweiligen Geschichten jederzeit vorhersehbar sein. Vielleicht haben sich die Macher zu sehr auf eine bewährte, abgespulte Grusel-Routine verlassen haben. Unterhaltsam ist Duffells Episodenfilm allemal, zumal er mehr auf Atmosphäre Wert legt statt auf reißerische Horroreffekte. Und auch wenn man die getrennt voneinander agierenden Christopher Lee und Peter Cushing schon weitaus enthusiastischer hat spielen sehen, freut man sich doch über das Wiedersehen mit einigen bekannten Gesichtern.
- Der deutsche Kinostart erfolgte am 23.06.1972 im Verleih von Cinerama. Diese Kinofassung ist in einigen Dialogzeilen gekürzt, um den Film etwas zu straffen. Für die ungekürzte VHS-Fassung von 1983 wurde eine 2., allerdings gewöhnungsbedürftige Synchro angefertigt, in der – Oje! – Christian Brückner Christopher Lee seine Stimme leiht, während Peter Cushing mit der Stimme von Sportreporter Addi Furler spricht.
- Bei der DVD von Koch Media kommt man dankenswerterweise in den Genuss beider Synchronfassungen und so wird einem Gelegenheit geboten, zwischen der hochwertigen Kinosynchro und der ungeliebten VHS-Snychro zu vergleichen. Diese DVD diente auch als Rezensionsexemplar dieser Besprechung. Bild und Ton wurden hier restauriert, zudem gibt es ein Digipak als Verpackung, allerdings ein scheußliches Cover. Die in der deutschen Kinofassung fehlenden (Dialog)-Szenen wurden wieder eingefügt und sind nun im Originalton mit deutschen Untertiteln enthalten. Weitere Einzelheiten: Anbieter: Koch Media / Tonformate: Deutsch (Dolby Digital 2.0 Stereo, Kino- und Video-Synchronisation), Englisch (Dolby Digital 2.0 Stereo) / Bild: 1,78:1 (anamorph, 16:9) / Untertitel: Deutsch / Regionalcode: 2 / TV-Norm: PAL / Verpackung: Digipack im Pappschuber / Laufzeit: 97 Min. (uncut) / FSK: ab 16 / Extras: wahlweise Kino- und Videosynchronisation, Audiokommentar von Peter Duffell (leider nicht untertitelt), Bildergalerie, 4seitiges Booklet mit Hintergrundinfos von Uwe Huber
- Noch viel mehr bietet die englische DVD von Anchor Bay, die zusammen mit „Dr. Terrors House of Horror“, „Asylum“, „And now the screaming starts“ und „The beast must die“ im Rahmen der Amicus-Collection in einer hübschen Sargbox erschien. So gibt’s noch einen Audiokommentar mit Peter Duffell und Jonathan Rigby, eine 17minütige Featurette und zahlreiche Texttafeln über die Darsteller.
- „Regisseur Peter Duffell hat sich konsequenterweise ganz auf die Wirkung der Geschichten verlassen, was sich im lockeren und unbeteiligten Inszenierungsstil niederschlägt.“ (Frank Trebbin, Die Angst sitzt neben Dir)
- „Weitgehend einschläfernde und ideenarme Gruselkurzgeschichtensammlung.“ (Andreas Bertler, Hölle auf Erden)
- „Für Freunde und Kenner des Genres ein reizvoller Horrorfilm, sorgfältig und bedingt spannend inszeniert, in einer Vampir-Episode mehr amüsant als erschreckend.“ (Lexikon des Internationalen Films)