TRAIN
USA 2007 / O: "Train" / Prod.: Nu Image / Laufzeit: 94 Min. (ungekürzte Unrated-Fassung auf Blu-ray) / FSK: ---
Regie + Buch: Gideon Raff / Musik: Michael Wandmacher / Kamera: Martina Radwan / Schnitt: Alain Jakubowicz / Ausf. Prod.: Avi Lerner, Danny Dimbort, Trevor Short / Prod.: Boaz Davidson, Les Weldon, Danny Lerner
Thora Birch (Alex), Gideon Emery (Will), Kavan Reece (Sheldon), Derek Magyar (Todd), Gloria Votsis (Claire), Todd Jensen (Coach Harris), Vladimir Vladimirov (Vlad), Koyna Ruseva (Dr. Velislava), Valentin Ganev (Vasyl) u.a.
Keine rosigen Aussichten: „Krank wie HOSTEL, hart wie SAW, blutig wie REC„, prangert es protzig auf dem Cover zu TRAIN. Mal abgesehen davon, dass letzt genannter Titel schon rein von der Thematik her nicht in diese martialische Aufzählung passt, dürften solche Anpreisungen alles andere als einladend oder vielversprechend sein – es sei man ergötzt sich als Folterfilm-Fetischist gerne daran, wie Menschen auf der Schlachtbank des Grauens in alle möglichen Einzelteile zerhackstückelt und auseinander genommen werden. Bevorzugt Schmerzen windend im gerade noch lebenden Zustand. Sonst machts ja keinen Spaß.
„Sex und Gewalt – im Endeffekt gehts nur darum“, ist die einzige Dialogzeile im ganzen Film, die als kleine Bestandsaufnahme in diesen rauen Zeiten so etwas ähnliches wie Berechtigung findet. Und genau dieser scheinbar entlarvende Satz wird hier im wahrsten Sinne des Wortes regelrecht ausgeschlachtet. Schon nach wenigen Minuten entpuppt sich TRAIN als dreistes, dümmliches und ganz besonders hohles HOSTEL-Plagiat.
Hier haben wir also so eine Ami-College-Ringertruppe, die in den Schnellzug zum Wettkrampf nach Odessa steigt, aber während der Fahrt feststellen muss, dass sowohl Schaffner als auch Fahrgäste dem Organhandel frönen. Und so gibt es für das Personal dieses menschlichen Ersatzteillagers auf Schienen bald jede Menge zu tun, denn bekanntermaßen schreien amerikanische College-Absolventen regelrecht danach nieder gemetzelt zu werden. Vor allem wenn man so doof und nervig ist, hat man nichts anderes verdient. Bereitwillig händigen die jungen US-Touristen vor Fahrtbeginn dem zwielichtigem Zugpersonal ihre Pässe aus. Macht man ja immer so.
Mit an Bord dieser rollenden Folterbank: Thora Birch, die mal in Filmen wie AMERICAN BEAUTY (1999) oder THE HOLE (2001) glänzte und inzwischen in ausrangierten Reisezug-Waggons über osteuropäische Nebenbahnstrecken Richtung Karriere-Abstellgleis entgegen rumpelt. TRAIN entgleist, kaum das die Fahrt begonnen hat.
Mittels schludrig arrangierter Green-Screen-Technik zieht die ukrainische Hinterwaldlandschaft am Fenster der billigen Zugattrappe vorbei, gedreht wurde jedoch irgendwo in Bulgarien, was aber ‚eh keinen Unterschied macht. Für den Amerikaner ist sowieso ganz Osteuropa ein Hort der Unzivilisierten, wo die dortigen Bewohner eben nichts anderes zu tun haben, als arglose US-Touristen zu malträtieren und dezimieren. Mit der wenig schmeichelhaften Darstellung der dortigen Bevölkerung werden ausschließlich Klischee-Vorgaben und Ressentiments bedient – und zwar der dümmlichen Art. Wenn derart von Vorurteilen behaftete, oberflächliche Betrachtungsweisen, die schon in HOSTEL sauer aufstießen und hier noch einmal richtig schön breit gewalzt werden, ein verkappter Kommentar zum Thema „Xenophobie“ sein sollen, kann man das Ganze ja auch mal andersrum sehen: Wie sieht der Rest der Welt Amerika? Die Kriminalisierung Osteuropas ist nicht nur ziemlich dreist, sondern auch verlogen und heuchlerisch, da es doch gerade die amerikanischen Billigfilmer wie die Herrschaften von Nu Image sind, die genau dort (in diesem Fall: Bulgarien) ihre allzu oft uninspirierte Dutzendware produzieren lassen. Auch eine Form „Dankeschön“ zu sagen.
TRAIN ist eine plump und lieblos arrangierte Direct-to-DVD-Produktion ohne jegliche Originalität. Die Bilder sind frei von jeglicher Kunst, stattdessen beliebig und austauschbar, ebenso wie der pragmatische, vor sich hinklimpernde Standard-Soundtrack. Gideon Raff, der diesen Mist hier für „Nu Image“ verbockte, hat seinen Regiekurs offensichtlich in einer Metzgerei belegt und das Drehbuch passenderweise durch den Fleischwolf gedrechselt.
Was das leidige Thema „Organhandel“ angeht, haben wir da schon weitaus überzeugendere Beiträge gesehen, wie zum Beispiel Michael Crichtons COMA (1978), Rainer Erlers FLEISCH (1979) oder Larry Cohens THE AMBULANCE (1990). Selbst der eher durchschnittliche TURISTAS (2006) bot da noch Gehaltvolleres als dieses Sammelsurium an haarsträubenden Splattereffekten und Anschlussfehlern.
Freilich hätte man sich an einer politisch unkorrekten, völlig überzogenen Handlung erfreuen können (wie es zum Beispiel im tollen SEVERANCE geschah), doch dazu bedarf es auch Ideen, Einfallsreichtum und einer spritzigen Story anstatt nur der Abfolge eines einfältig arrangierten Folter-Szenarios, das sich mühevoll von einem Splattereffekt zum anderen hangelt. Was diese angehen, so hätte man noch wenigstens die Leistungen und Handfertigkeiten der Make-Up-Abteilung loben können, was aber ausbleibt, da hier nur unmotiviertes Gekröse, Geblute und Gematsche geboten wird.
Klaro: was die eingangs erwähnten „Vorbilder“, mit denen TRAIN so großspurig-großkotzig wirbt, anbelangt, so bleiben diese freilich unerreicht. Das Ganze hier ist einfach nur grobschlächtig, brachial und dumm. Am Ende bleibt die Erkenntnis: So ein Film kann manchmal auch die reinste Folter sein.