Regie, Schnitt + Visuelle Effekte: Jim Mickle / Musik: Jeff Grace / Kamera: Ryan Samul / Ausf. Prod.: Malik B. Ali, Badie Ali, Hamza Ali, Greg Newman / Prod.: Larry Fessenden, Derek Curl, Adam Folk, Brent Kunkle, Peter Phok / Buch: Nick Damici, Jim Mickle
Darsteller: Nick Damici (Mister), Connor Paolo (Martin), Danielle Harris (Belle), Kelly McGillis (Schwester), Michael Cerveris (Jebediah Loven), Sean Nelson (Willie), Bonnie Dennison (Peggy), Larry Fessenden (Barkeeper), Chance Kelly (Officer Harley) sowie Gregory Jones, Traci Hovel, Marianne Hagan, Adam Scarimbolo u.a.
Wenigstens eines kann man dieser unerträglich schwermütig-seichten TWILIGHT-Saga nicht absprechen: die zum weg gruselnde Romantisierung des Vampir-Mythos und die Reduzierung auf den reinen Herz-Schmerz-Kitsch-Faktor hin zu blass-bleichen Teenie-Helden, deren aschfahles Antlitz sich in mit entsprechenden Bravo-Postern tapezierten Kinderzimmern wieder findet, konnte dem Blutsauger-Genre nichts anhaben. Und so erfreuen uns abseits dieser trantüteligen Schnulzenoper weiterhin in schöner Regelmäßigkeit die unterschiedlichsten Vampirfilme, in denen die Blutsauger nichts von ihrer Bissigkeit verloren haben.
Ein paar besonders garstige Vertreter ihrer Art begegnen uns in VAMPIRE NATION, der im Original passenderweise STAKE LAND heißt, wieder. Die Ausgangssituation ist nur allzu bekannt: wieder mal sind die Vereinigten Staaten total am Boden und so wie es aussieht auch der Rest der Welt. Eine Seuche hat dazu geführt dass sich ein Großteil der Bevölkerung in blutdürstige Vampire (mit Zombiecharakter) verwandelt hat. Doch das eigentliche Monster lauert mal wieder im Menschen selbst: in diesem Fall als religiös-fanatische Sekte, die sich selbst „Die Bruderschaft“ nennt und mordend und vergewaltigend die wenigen Überlebenden in diesem verwahrlosten Land terrorisiert.
Durch diese postapokalyptische, trostlose Welt zieht ein stoischer Einzelgänger, der von allen nur „Mister“ (Nick Damici) genannt wird. An dessen Seite: sein junger Schützling Martin (Connor Paolo), den Mister vor einem blutigen Vampirangriff, der das Leben seiner Eltern kostete, retten konnte. Unterwegs treffen sie auf andere Überlebende und zusammen machen sie sich auf in den vermeintlich sicheren Norden, wo sie in „New Eden“ Zuflucht zu finden glauben. Den Weg dorthin machen sowohl die Angriffe der Vampire als auch die der Bruderschaft nicht gerade leichter…
Die Ausgangslage ist soweit bekannt und trotzdem macht VAMPIRE NATION aus seinem kleinen Budget viel mehr als es die überteuerte, krawallige Comicverfilmung PRIEST tat. Und so vermischt Regisseur und Co-Autor Jim Mickle in seinem zweiten Spielfilm Elemente aus Roadmovie, Western und Endzeitfilm mit typischen Horror-Versatzstücken, vermeidet es aber in einer pausenlosen Abfolge diverser Action-Standards zu versinken. Dafür fesselt er gerade mit seiner ruhigen, eindringlichen Erzählweise, in denen die kurzen und ebenso heftigen, teils recht blutigen Action-Szenen um so mehr überzeugen. Dabei vergisst er auch nicht seinen Streifen stimmungsvoll zu gestalten (was in PRIEST total unter gegangen ist) und so durchzieht VAMPIRE NATION eine trostlose, melancholische Atmosphäre.
Die hier auftauchenden Vampire weisen auch alle Merkmale eines Zombies auf (wenn man mal die charakteristischen Reißzähne wegdenkt), erinnern sie gerade durch ihre schnelle Bewegungsweise an die Untoten der jüngeren Filmgeschichte, wie man sie zum Beispiel aus Zack Snyders DAWN OF THE DEAD-Remake, Danny Boyles 28 DAYS LATER oder den Blutsauger-Kollegen aus 30 DAYS TO LIFE in bester Erinnerung hat. Was nun der Urspung der Seuche ist oder wie die Vampire entstanden sind, interessiert hier nicht, wodurch pseudowissenschaftliche Erklärungsversuche zum Glück erspart bleiben. Im Mittelpunkt steht hier das Leben und Überleben nach der Katastrophe und das führt hier durch verwaiste Landstriche und verlassene Ortschaften, einsame Straßen und finstere Wälder, wo Menschen ums Überleben kämpfen und den Angriffen von Vampiren und fanatischen Sekten-Mitgliedern ausgeliefert sind.
Die Story hätte hier und da etwas mehr Tiefgang vertragen und das Schicksal von Sektenführer Jebediah Loven kommt im Finale arg konstruiert rüber, dafür punktet der Film wiederum mit seinen guten Schauspielern. Hauptdarsteller Nick Damici, der zusammen mit Regisseur Jim Mickle das Drehbuch schrieb (beide arbeiteten bereits 2006 im Virus-Mutanten-Horror MULBERRY STREET zusammen), gibt einen sehr charismatischen und wortkargen Vampirjäger ab und auch sein junger Kompagnon Connor Paolo weiß darstellerisch zu überzeugen. Der Rest um sie drumherum sind eher grob skizzierte Charaktere, dennoch wissen auch Danielle Harris (DÜSTERE LEGENDEN; Rob Zombies HALLOWEEN + HALLOWEEN II; HATCHET II) als hochschwangere Country-Sängerin, Kelly McGillis als gepeinigte Ordensschwester und Michael Cerveris als finsterer Sektenführer zu gefallen. Einen seiner skurrilen Kurzauftritte absolviert der umtriebige Larry Fessenden (THE LAST WINTER; I SELL THE DEAD; CABIN FEVER II), der hier vor der Kamera als Barkeeper und dahinter als Produzent fungiert.
Insgesamt betrachtet ein gut gemachter Genre-Beitrag und endlich mal wieder ein Vampirfilm mit Biss. Netter Gag am Rande: die bizarre Begegnung mit einem Weihnachtsmann-Vampir.
- „Wer auch ruhigen Endzeit-Visionen etwas abgewinnen kann, sollte sich VAMPIRE NATION nicht entgehen lassen. Sonst verpasst man eine der besten Low-Budget-Produktionen diesen Jahres.“ (Max Link, VIRUS #44)
- „…endlich mal wieder ein herrlich erfrischender Beitrag zum Vampirthema: spannend, blutig, dramatisch und düster. Ein verdammt cooler und bitterböser Streifen. Nicht nur für die Horrorfraktion.“ (Sebastian Wotschke, DEADLINE #29)
7/10