DAS VERMÄCHTNIS DES PROF. BONDI
USA 1959 (s/w) / O: "A Bucket of Blood" / Prod.: American International Pictures; Alta Vista Produktion / Laufzeit: 72 Min. (dt. Fassung; uncut)
Regie + Prod.: Roger Corman / Musik: Fred Katz / Kamera: Jack Marquette / Schnitt: Anthony Carras / Buch: Charles B. Griffith
Dick Miller (Walter Paisley [dt. Fassung: Walter Bondi]), Barboura Morris (Carla), Antony Carbone (Leonard, der Barbesitzer), Julian Burton (Brock), Ed Nelson (Art Lacroix), John Brinkley (Will), Judy Bamber (Alice) sowie John Shane, Burt Convy, Jhean Burton, Bruno de Sota, Lynne Storey
Walter Paisley [in der deutschen Fassung: Walter Bondi] ist auch so einer, der sich mehr recht als schlecht so durchs Leben kellnert. Er arbeitet in einer anrüchigen Künstlerkneipe, wo er für all die überheblichen Möchtergern-Lebenskünstler servieren darf. Keiner nimmt den etwas zurück gebliebenen und naiven Walter ernst, dabei möchte er auch nur respektiert und bewundert werden. Der Wink des Schicksal bringt unglücklicherweise den Tod der Katze von Walters Vermieterin mit sich – und jede Menge bislang unentdecktes künstlerisches Talent. Aus dem Kadaver der von Walter versehentlich getöteten Katze fertigt er kurzerhand eine Skulptur aus Wachs an. Und auf einmal bewundern und bejubeln sie ihn. Ein Künstler ist geboren! Doch wie so viele Künstler, so steht auch Walter unter dem Zwang und den Druck, die vorangegangene Arbeit beim nächsten Mal zu überbieten. Und da wird keine Katze, sondern ein Mensch Pate für Walters Kreativenthusiasmus stehen…
A BUCKET OF BLOOD wurde mit dem bewährtem Roger-Corman-Personal vor und hinter der Kamera schnell und preiswert in nur wenigen Tagen herunter gekurbelt. Und das gewohnt effizient und rasch auf den Punkt gebracht, so das auch in Anbetracht der kurzen Laufzeit in dieser zügig erzählten Geschichte keinerlei Langeweile aufkommt. Die wenigen Schauplätze und Figuren verleihen dem Film zudem einen kammerspielartigen Charakter, der ihm von der Atmosphäre her gut zu Gesicht bekommt.
Freiwillige und unfreiwillige Komik halten sich auch in diesem Corman-Film die Waage. So braucht es nur wenige Sekunden, ehe bei der abgemurksten Katze die Leichenstarre einsetzt, andernfalls gelang Corman auch ein inszenatorisches Glanzstück des schwarzen Humors, etwa wenn Paisleys neugierige Vermieterin in Walters Wohnung steht und hinter ihr ein Blut tröpfelnder Arm von der Decke baumelt.
Ein Kuriosum an sich stellt der Prolog dar, den es in dieser Form nur in der deutschen Fassung gibt. Da der damalige deutsche Verleih Mercator Film (der hierzulande auch einige andere Titel aus dem Programm der legendären American International Pictures vertrieb) A BUCKET OF BLOOD in seiner Originalversion mit rund 66 Minuten für zu kurz befand, entschloß man sich kurzerhand hinter den Wäldern von Bielefeld einige zusätzliche Szenen zu drehen. Das war anno dazumal keine unübliche Praxis, ist es doch auch der findige Roger Corman gewesen, der in jener Zeit russische Science-fiction-Filme kaufte und sie mit zusätzlich gedrehtem Material für das amerikanische Kino entsprechend bearbeitete.
So erklärt sich der deutsche Titel DAS VERMÄCHTNIS DES PROF. BONDI mit seinem skurrilem Prolog wie folgt: Professor Bondi (von Vincent Price 1953 in DAS KABINETT DES PROF. BONDI unnachahmlich verkörpert) ist gar nicht tot, sondern konnte Zuflucht finden – in Bielefelds dunklen Wäldern oder im Teutoburger Wald, wenn man so will. Kurz vor seinem Tod gibt der greise Bondi sein ganzes Fachwissen, via Gedankenkraft, an seinen Neffen weiter. Die Namen vom Regisseur und dem Darsteller des alten Prof. Bondi dieses nachträglich gedrehten Prologs wurden nicht mit überliefert.
Passenderweise dummerweise macht die deutsche Fassung aus dem Walter Paisley in der Originalfassung eben Walter Bondi. Dabei fällt unter dem Tisch, das eben dieser Walter Paisley zu den Höhepunkten in der langen Karriere des sympathisch-knuffigen Dick Miller zählt. Ähnlich wie Kollege Howard Vernon, der sein Alter ego Dr. Orlof mehrfach darstellen durfte, so tauchte auch Genre-Liebling Dick Miller als Walter Paisley über all die Jahre hinweg in völlig anderen Filmen wieder auf. Meistens in den gesammelten Werken von Corman-Schüler Joe Dante, in dessen Filmen er immer wieder in kleinen, feinen Nebenrollen entzückte. Das erste Mal begegnen wir Walter Paisley im kultigen Joe-Dante-Frühwerk HOLLYWOOD BOULEVARD (1976) wieder, später in THE HOWLING und im dritten Segment vom TWILIGHT ZONE-Kinofilm von 1983 (dt.: UNHEIMLICHE SCHATTENLICHTER). In Jim Wynorski’s CHOPPING MALL (1986) und Allan Arkush’s SHAKE, RATTLE AND ROCK! (1994) stellte Miller abermals Charaktere dar, die Walter Paisley hießen. Und jedes Mal war dieser Walter Paisley ein anderer: mal Buchhändler, dann wieder Hausmeister, ein anderes Mal Polizist. Ziemlich vielseitig, der Mann – und das gilt für Walter Paisley ebenso wie für Dick Miller.
Hier geht er so richtig auf und porträtiert einen sympathisch-naiven Verlierertypen, der auf Ruhm und Anerkennung hofft und dabei ganz schreckliche Dinge tut: er tötet Menschen. Dieser dumme Undervover-Bulle, der ihn doch tatsächlich mit einem Drogendelikt in Verbindung bringen wollte, hat eben leider nicht mit Walters tödlicher Entschlossenheit – und seiner Bratpfanne – gerechnet.
Des weiteren ist DAS VERMÄCHTNIS DES PROF. BONDI auch ein interessantes Zeitdokument. 1967 gab Roger Corman mit dem Drogenrausch-Drama DER TRIP seinen Kommentar zur damals florierenden LSD-Szene ab, hier porträtiert er die zur damaligen Zeit nicht unpopuläre Beatnik-Szene, die in entsprechenden Kneipen und Clubs zur Heimstätte für jene verhinderte Möchtegern- und Lebenskünstler wurde, die sich gerne mal in Musik, Poesie oder Philosophie ausprobieren wollten. Alkohol und Drogen bleiben nicht außen vor und so mischen hier auch noch leichte Mädchen und korrupte Undercover-Cops mit. Da sind sie ja alle untereinander in bester Gesellschaft.
7/10
- Die DVD von Anolis Entertainment, wo A BUCKET OF BLOOD am 17.08.2009 erschien, ist mittlerweile ein gesuchtes Sammlerstück und wenn überhaupt, dann nur noch zu Mondpreisen erhältlich (siehe hier). Nach dem Eröffnungsschocker DIE TEUFELSWOLKE VON MONTEVILLE setzte Anolis seine aus insgesamt 10 Grusel-Trash-Häppchen bestehende DVD-Reihe „Galerie des Grauens“ mit der frühen Roger-Corman-Produktion DAS VERMÄCHTNIS DES PROF. BONDI fort. So richtig paßt diese nicht in die Galerie des Grauens, stellt sie doch in erster Linie einen Tummelplatz für Monster, Mutanten und wahnsinnige Wissenschaftler dar. DAS VERMÄCHTNIS DES PROF. BONDI fällt da etwas aus dem Rahmen, haben wir es doch hier eher mit einer schwarzen Komödie zu tun; Monster und Mutanten wird man hier vergeblich suchen. Ist aber nicht weiter schlimm. Vorzüglich an der Anolis-Scheibe ist vor allem der Audiokommentar von Christian Keßler und Robert Zion.